Velbert. Der Online-Handel boomt, der Ärger über die Paket-Zustellung wächst – auch in Velbert. Verbraucherberater Adelberger ermuntert zu Beschwerden.

Der Empfänger hat sich extra einen Tag Urlaub genommen. Er wartet und wartet, die Türklingel bleibt stumm, abends findet er im Briefkasten die Benachrichtigung, dass man ihn leider nicht angetroffen habe. In einem zweiten Fall wurde die Sendung „kurzerhand auf die Terrasse des Nachbarn gepfeffert“ und in einem anderen „einfach im Shop hinterlegt“. – Ärger mit der Paket-Zustellung ist zwar „nicht das Hauptgeschäft“ in der Beratungsstelle Velbert von der Verbraucherzentrale (VZ) NRW, aber er kommt bei Andreas Adelberger „immer wieder auf den Tisch“. Und das in zunehmendem Maße.

Über Online-Portal zigtausend Beschwerden gesammelt

Die VZ Thüringen und die hiesige hätten just vor einer Woche ein zweijähriges Projekt abgeschlossen, bei dem sie das Online-Portal „Post-Ärger.de“ geschaltet und darüber Beschwerden gesammelt hätten, berichtet der Leiter der Einrichtung vor Ort und referiert das Ergebnis: 40.490 Beschwerden oder gemeldete Missstände, von denen sich mit 30.381 ganz eindeutig der Großteil um Probleme bei Paketen gedreht habe. Knapp 61 Prozent davon hätten der so genannten letzten Meile gegolten: „Der Kunde kriegt nix, das Paket kommt gar nicht an oder nicht verabredungsgemäß.“ Das Unternehmen DHL sei bei den Beschwerden on top, weil es nun einmal der Branchenriese sei. Unmut gebe es jedoch über alle Anbieter gleichermaßen, also ebenso über Firmen wie Hermes, DPD, United Parcel Service etc.

Verbraucher rangiert unter ferner liefen

„Der Online-Handel boomt geradezu und geht regelrecht durch die Decke, aber bei der Zustellung hakt’s ganz gewaltig“, erzählt der Fachmann. Wichtig zu wissen sei, dass der Händler bzw. Online-Shop und das Zustellunternehmen Vertragspartner seien. „Der Verbraucher kommt kaum dazwischen und rangiert unter ferner liefen. In dem Bereich ist rechtlicher Verbraucherschutz relativ Fehlanzeige“, sagt Adelberger. Das Ganze sei kaum im Bürgerlichen Gesetzbuch verankert, laufe vor allem über Handelsrecht und das Handelsgesetzbuch.

Schlichtungsverfahren muss verbindlich werden

Wiederholt werde auch gefragt, wo man überhaupt reklamieren könne. „Sie finden ja keine vernünftige Postanschrift. Versuchen Sie das mal!“ Und unter den Ratsuchenden häuften sich die Beschwerden über unfreundliche Telefon-Hotlines. An wen man sich zu den Themen Energie und Telekommunikation wende, sei mittlerweile bekannt. Hingegen wisse kaum jemand, dass es auch bei so genannten Postdienstleistungen ein Schlichtungsverfahren über die Bundesnetzagentur mit dem Ziel einer gütlichen Einigung gebe, das kostenlos sei und für alle Anbieter gelte. Adelberger zufolge gelangt man zu Infos

Anlaufstelle liegt seitlich der Fußgängerzone

Die Velberter Beratungsstelle der Verbraucherzentrale NRW ist seitlich der unteren Fußgängerzone in dem Ladenlokal Friedrichstraße 107 untergebracht. Sie ist telefonisch unter 02051 809018-1 und per E- Mail an die Adresse velbert@verbraucherzentrale.nrw erreichbar. Der Faxanschluss der Einrichtung hat die Nummer 809018-7.

Die Öffnungszeiten sind wie folgt: am Montag und Donnerstag von 9.30 bis 13.30 und von 14.30 bis 18 Uhr sowie dienstags und freitags jeweils in der Zeit von 9.30 bis 13.30 Uhr.

dieser Agentur über den Online-Link www.bundesnetzagentur.de/DE/Sachgebiete/Post/Verbraucher/Schlichtung/Schlichtung-node.html. „Von dort geht´s ebenfalls direkt mit einem Link zum Online-Schlichtungsantrag.“ Viele Unternehmen machen allerdings bereits in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen davon Gebrauch, die Teilnahme an der Schlichtung von vornherein auszuschließen. Ein Unding, so Iwona Husemann, Leiterin des Projekts „Post-Ärger“: „Wir fordern daher, dass das Schlichtungsverfahren für beide Seiten verpflichtend und verbindlich sein muss.“

Tipps für die richtige Versandart

Zahlreiche Beschwerden galten auch der Zustellpraxis bei DHL, dem hierzulande größten Branchengrößten.
Zahlreiche Beschwerden galten auch der Zustellpraxis bei DHL, dem hierzulande größten Branchengrößten. © funke Foto Services | Uwe Möller

Ein zusätzliches Problem ist nach Erkenntnis der Verbraucherschützer der Umstand, dass das Wissen immer dünner und rarer wird. Abhilfe soll zum Beispiel die kostenlose VZ-Broschüre „Die richtige Versandart bei Briefen wählen“ schaffen. Wenn etwa eine Kündigung, Verträge oder Schreiben an Behörden sicher ankommen sollen, wird dort ein Einschreiben mit Rückschein favorisiert; bei Geld oder Werten – womöglich zum Geburtstag oder zu Weihnachten – seit der Wertbrief die richtige Wahl.

Haftungshöchstgrenzen differieren

Man solle nicht allein aufs günstigere Porto schauen, rät Andreas Adelberger. So bestehe bei einem Päckchen keinerlei Haftung, sei hingegen ein DHL-Paket automatisch übers Porto bis zu 500 Euro versichert. „Dann haben Sie wenigstens eine Rechtsgrundlage, auch wenn Sie nicht allzu viel bewirken können.“ Bei anderen Anbietern sei die Haftungshöchstgrenze unterschiedlich.

Kunden sollen ihrem Ärger Luft machen

Letztlich wünscht sich der Verbraucherberater, dass möglichst viele verärgerte und enttäuschte Paket-Kunden ihrem Ärger Luft machen und sich beschweren. Ja, er ermuntert ausdrücklich dazu. „Man muss Druck aufbauen und die Dinge dorthin verlagern, wo sie hingehören.“ Und noch eines hofft Adelberger: „Dass die notwendigen Verbesserungen nicht auch noch zu Lasten der ohnehin vielfach schon arg strapazierten Mitarbeiter bei den Paketdiensten gehen.“