Neviges. Zum Jahreswechsel verlassen die Franziskaner das Nevigeser Kloster. Dort feierten sie noch einmal mit der Gemeinde und tauschten Erinnerungen aus
Mehr als 340 Jahre, so lange schon gibt es das Franziskanerkloster in Neviges schon. Am Donnerstag luden die Brüder zu ihrem letzten Franziskusfest in Neviges ein. „Es wird wohl ein bisschen eng hier, aber es ist schön, dass wir so auch die Gemeinschaft spüren können.“, eröffnet Bruder Dietmar mit einem Lächeln das Beisammensein in den Räumen des Klosters. Seit 2014 leitet er als Guardian das Haus.

„Das eigentliche Franziskusfest ist morgen“, erklärt Bruder Dietmar, „so ist es Tradition der Klöster am Abend vorher ihre Wegbegleiter einzuladen, wir fühlen uns besonders mit der Gemeinde verbunden in Neviges.“ So sind auch dieses Jahr wieder zahlreiche Gemeindemitglieder ins Refektorium - also den Speisesaal des Klosters - gekommen, um gemeinsam einen gemütlichen Abend zu verbringen. Es gibt Getränke und von den Franziskanern selbst belegte Brötchen. „Am Nachmittag des dritten Oktobers gemeinsam Brötchen zu schmieren ist einfach eines unserer Rituale.“, freut sich Bruder Dietmar.
Noch sechs Brüder leben im Kloster
Zum Jahreswechsel hin beenden die sechs Brüder des Franziskanerklosters ihren Dienst in Neviges, am 31. Januar geht es für sie alle dann weiter in eine neue Heimat. „Als Gefühl ist das natürlich präsent, wir versuchen dem aber nicht so viel Raum zu geben.“ Jetzt sei es erst einmal wichtig, die Zeit bis dahin normal zu verbringen. An den Abschied werde erst später gedacht, wenn es soweit ist. Dem schließt sich auch Bruder Jakobus an. „Ich will ehrlich gesagt auch gar nicht dran denken, es ist so schön hier heute.“
Viele junge Menschen sind gekommen
Bruder Jakobus kümmert sich in der Gemeinde mit um die Firmlinge. „Heute sind besonders viele junge Menschen gekommen.“, stellt er fest. Doch genauso viele Familien und ältere Menschen sind ebenfalls gekommen. Michael Skora und Lars Jüppner werden Ende November in Neviges gefirmt. Beide sind heute mit ihrer Firmgruppe hier. Lars Jüppner: „Wir sind alle freiwillig hierher gekommen, aber für mich gehört es dazu, man ist hier aufgewachsen.“ „Für viele Nevigeser ist das heute sicher auch eine Möglichkeit das Kloster von innen zu sehen.“, vermutet Bruder Jakobus.

„Hier hat Johannes Paul II. gesessen“
Wer sonst in das Innere des Klosters möchte steht nämlich vor verschlossenen Türen, der Zutritt ist normalerweise nur den Franziskanerbrüdern gestattet. Auch Velberts Alt-Bürgermeister Heinz Schemken ist zu Gast gewesen. „Im Januar ist der Abschied der Franziskaner eine Zeitenwende für uns, es verlässt uns ein Orden, der über die langen Jahre immer wieder Neviges mitgeprägt hat“, sagt Schemken. Er schaut zurück auf einen Ort mit großer Bedeutung. „Hier gegenüber hat zum Beispiel Johannes Paul II. zwei Wochen vor seiner Amtseinführung zum Papst gesessen“, schwelgt Schemken in Erinnerungen. „Man kann dem Orden nur für seine Dienste danken.“
Marienerscheinung in Dorsten
Als Ursprung des Klosters und der Wallfahrt gilt eine Marienerscheinung des Dorstener Franziskaners Antonius Schirley 1676, der beim Beten eine Stimme vernommen habe, die gesagt habe: „Bring mich nach dem Hardenberg, da will ich verehret sein!“.
Als der Fürstbischof von Paderborn und Münster, Ferdinand von Fürstenberg, nach schwerer Krankheit unerwartet seine Gesundheit wiedererlangt hatte, unternahm er zum Dank eine Pilgerfahrt nach Neviges und finanzierte auch die Fertigstellung des dort bereits im Bau befindlichen Franziskanerklosters.
Papst Clemens XII. versprach allen Hardenberg-Pilgern völligen Ablass der Sündenstrafen. Besonders in den Krisenzeiten kamen viele Pilger nach Neviges. So wurden vor dem Ersten Weltkrieg jährlich 100.000 Pilger, 1935 340.000 und 1954 300.000 Pilger gezählt.
Abschiedsmesse am 12. Januar
Bevor die Franziskaner jedoch Neviges verlassen findet am 12. Januar eine Abschiedsmesse statt. Dort verabschieden sich die sechs Brüder von der Gemeinde und dem Ort, an dem mehrere von ihnen viele ihres Lebens verbracht haben. Aufgrund der sinkenden Mitgliederzahl des Ordens und Problemen bei der Nachwuchsgewinnung entschloss sich die Ordensprovinz Anfang 2019 mehrere Standorte aufzugeben, darunter auch das Kloster in Neviges. Was nach dem Weggang der Franziskaner mit dem Kloster geschieht, steht noch nicht fest.