Velbert-Langenberg. Im Langenberger Begegnungszentrum öffnet alles zwei Wochen das Trauercafé. Hier treffen Menschen und Schicksale aufeinander.

Trauer hat selten Platz. In einer Zeit, in der es sowieso schon wenig Raum für Gefühle gibt, ist Trauer ein Gefühl, das gerne verdrängt wird, manchmal mit Scham und auch Angst besetzt ist. Dabei ist die Trauer allgegenwärtig und stellt sich ein, wenn Menschen einen Verlust erleiden. Trauer kann vielfältig erlebt und gelebt werden. Ein Weg ist es, sich mit anderen Menschen auszutauschen, die selbst ähnliche Gefühle erleben und erlebt haben. Gelegenheit dazu bietet das Trauercafé in der Klippe2, das Tanja Kosin, Leiterin der Bergischen Diakonie Langenberg, und Cornelia Kleine-Kleffmann, Leiterin der Klippe2, im Juli 2018 ins Leben gerufen haben und seit dem zwei Mal im Monat regelmäßig einen Platz für Trauernde bietet.

Es ist bislang eine kleine Gruppe, die sich regelmäßig trifft. Die meisten kennen sich, Susanne (die Namen sind der Redaktion bekannt) ist neu und stellt sich vor. „Das müssen Sie nicht“, betont Kleine-Kleffmann. Doch für Susanne ist es in Ordnung und sie beginnt gleich, ihre Geschichte zu erzählen.

Erst starben Bruder und Schwester, dann die Mutter

Vor gut zehn Jahren habe sie ihre Mutter zur Pflege zu sich genommen. Dann starben nacheinander Bruder und Schwester, die zu pflegende Mutter wollte sie mit der eigenen Trauer nicht belasten, vermied ihre Gefühle um die fehlenden Geschwister. Nun ist auch die Mutter gestorben. Susanne kann die Tränen nicht mehr zurückhalten, erzählt aber weiter: Sie habe ihre Mutter und gleichzeitig ihre beste Freundin verloren.

Im Trauercafé finden die Menschen Trost.
Im Trauercafé finden die Menschen Trost. © Lutz Staegmann

Susanne kann alles erzählen, fühlt sich gut, fühlt sich gut aufgenommen und sicher in der Gruppe. Hier kann sie ihre Gefühle, Trauer und Ängste, äußern, findet Verständnis und Anteilnahme. Tanja Kosin erinnert die anderen Teilnehmer, dass sie in der Gruppe schon einmal über Dinge gesprochen haben, die Kraft geben und bittet diese um Hilfestellung für Susanne.

Der Todestag hat ihn eingeholt

Bei den meisten Anwesenden liegt der Verlust schon länger zurück. Philipps Frau starb vor fast genau einem Jahr. Der Todestag hat ihn eingeholt: „Das war heftig“, bekennt er, er habe nicht damit gerechnet. Dann erzählt Philipp von dem Jahrestag, den Tagen, die sich anschlossen. Er erzählt von den gemischten Gefühlen, zum einen von der starken Trauer, die noch in ihm ist, auf der anderen Seite das pralle Leben mit Musik, mit Feiern, mit Familie und Freunden, deren buntes Leben auch ihn einschließt.

Nicht zuviel Neues vornehmen

Philipp gibt Susanne den Tipp, sich in der entstandenen Leere nicht zu viel Neues vorzunehmen. Susanne will gleich drei Mal in der Woche zum Sport. Kerstin erzählt, wie Sport sie ablenkt: „Fliesen zählen beim Schwimmen“, witzelt sie. Sie rät ab von einsamen Sportarten, rät zu Sportarten mit Menschen und Gemeinschaften, weil sie gut tun.

Dann wird das schlechte Gewissen thematisiert, das sich bei manchem einstellt, wenn er nicht trauert. Es wird Kaffee und selbst gemachter Kuchen herumgereicht und Philipp wünscht sich für ein nächstes Treffen eine Torte aus Buchweizen mit Preiselbeeren.

„Man bekommt positives Feedback“

Kerstin erzählt, dass sie seit Februar ins Trauercafé kommt, regelmäßig: „Hier ist ein offener Raum für die Trauer. Man kann alles erzählen, man bekommt positives Feedback, bekommt Tipps.“ Kerstin hat einen guten Freund und Arbeitskollegen verloren. Sie spricht an, dass es einen Unterschied mache, in welchem Verhältnis man zu einer Person stand, die man verloren hat.

Treffen zweimal im Monat

Das Trauercafé in der zweiten Etage in der Begegnungsstätte Klippe2 mit gleichlautender Adresse findet jeden ersten und dritten Montag statt. Allerdings erst wieder ab Oktober, das nächste Mal also am Montag, 7. Oktober. Neue Menschen sind eingeladen, dazu zu kommen.

Gut anderthalb Stunden dauern die Treffen, von 15 bis 16.30 Uhr, und werden von Tanja Kosin sowie Cornelia Kleine-Kleffmann begleitet.

Ehemann nach 65 Jahren verloren

Wie zum Beispiel bei Karin, die nach 65 Jahren ihren Ehemann verloren hat: „Das ist eine lange Zeit.“ Jetzt begleitet die Freundin sie viel, auch zum Trauercafé. Karin selbst fühlt sich alt, findet keine Aufgabe mehr für sich. Wenn sie Nachhause kommt, „komme ich in ein leeres Haus. Ich lebe dahin.“ Ohne Inhalt – schwebt unausgesprochen im Raum. Susanne stellt fest, dass es manchmal einfacher ist, mit wildfremden Menschen zu reden. Im Trauercafé dürfen die Tränen sein und es wird ein Stück einfacher, mit der eigenen Trauer umzugehen, sogar wieder zu lachen. Im Trauercafé bekommen alle Gefühle einen Platz.