Velbert-Mitte. In der Apostelkirche Velbert ging die Reihe der „Sommerkonzerte Am Berg“ weiter. Dietmar Korthals spielte bekannte Popsongs auf dem Instrument.
Die Orgeln in unseren Kirchen sind größtenteils wunderbare, gleichzeitig aber auch komplizierte Konstrukte, deren klangliches Potential von der Pfeifenvielfalt – aus Holz oder Metall – herrührt. Über Jahrhunderte hinweg haben diese oft formschönen Instrumente die Sakralmusik bestimmt. Die schier unfassbare Reichhaltigkeit an Stimmen bei der Produktion von Klangfarben trug dazu bei, der Orgel eine königliche Rolle unter den Musikinstrumenten zuzusprechen.
Mit der Orgel in die Welt der Popmusik eintauchen
Im Bewusstsein, dass Orgelmusik mehr oder weniger in enger Beziehung zu religiösen Inhalten entstanden und vornehmlich an Komponistennamen vom Barock bis zur Moderne gebunden ist, werden dann große Erwartungen (und Überraschungen) ausgelöst, wenn sich ein Orgelvirtuose wie Dietmar Korthals (Dortmund), der Solist des Konzertabends, anschickt, mit seinem Instrument an die Welt der populären Musik heranzutreten.
Erstaunliches, ja nie Gehörtes drang da an das Ohr der Zuhörer, das Schmunzeln und zugleich Bewunderung auslöste. An die Werke von Johann Sebastian Bach oder Max Reger gewohnte Ohren wurden mit Titeln der Beatles, von Queen und anderen konfrontiert, und man sah sich zunächst in der Rolle des irritierten Hörers, der die musikalischen Adaptionen erst einmal zu begreifen suchte, um dann erst ihren künstlerischen Gehalt einzuschätzen.
Neue, frische Tonsprache für teils historisches Material
In dieser Sachlage jedenfalls befand sich wohl auch eine erfreulich große Zuhörerschaft beim 3. Sommerkonzert „Am Berg“ in der Apostelkirche. „Classic goes Pop“ also? Auf keinen Fall, sondern viel mehr als das. Dietmar Korthals strebt nach einer Aufarbeitung von populärem, teilweise auch historischem Material im Gewand einer neuen, frischen Tonsprache.
Und das gelingt ihm überzeugend. Er setzte in seinem Konzert zwei Schwerpunkte: die Präsentation bekannter Titel diverser Popgruppen bzw. Singer/Songwriter und die Bearbeitung historischer Kirchenmusik, jedesmal nach wechselnden Stil- oder Formprinzipien.
Korthals schafft beeindruckende Klangwelten
Wohltuend differenziert kam das durchaus religiös motivierte „Who wants to live forever“ der Gruppe Queen herüber, choralartig interpretiert, mit häufigem Changieren zwischen Labial- und Zungenregistern, terrassendynamisch angelegt, die Substanz des Originals ausdeutend.
Auch im „We are the Champions“ zeigte sich, was Korthals an Farben und Stimmungen aus der Velberter Schuke-Orgel herauszuholen imstande war. Beeindruckend die gewaltig aufgefahrenen, raumgreifenden Klangwelten. Natürlich wurde auch die Popikone „All you need is love“ (Beatles) nicht ausgelassen, geriet allerdings etwas lärmig.
Als Zugabe spielt der Solist Michael Jackson
Reihe wird fortgesetzt
Die Reihe der „Sommerkonzerte Am Berg“ wird am 18. August fortgesetzt – Sigrid Wagner-Schluckebier (Blockflöte/Orgel) und Dr. Helfried Waleczek (Orgel) spielen dann „Gesang von Stieglitz und Nachtigall“.
Zum Abschluss am 1. September heißt es „Gospel & more“, unter anderem mit „Colours of Joy“. Alle Konzerte beginnen um 18 Uhr in der Apostelkirche, Wichernstraße 1, der Eintritt ist jeweils frei.
Stings „An Englishman in New York“ glänzte durch das Eigenleben komplizierter Rhythmusebenen bei der Melodiebegleitung, die man im Original so nie gehört hatte. Gleiches gilt für die rhythmischen Patterns als Sinnbilder für Regentropfen in Tina Turners „I can’t stand the Rain“.
Mit seinen Bearbeitungen der Kirchenmusik setzte Korthals denkwürdige Momente. Da wechselten Jazz-Einflüsse („Ich singe dir mit Herz und Mund“) mit dem Gestus einer Pop-Ballade ab („Bist du bei mir“), und gar eine Jazz-Fuge kam zur Anwendung („Wie Gott mich führt“). Für dieses Orgelkonzert der anderen Art erhielt der Solist lang anhaltenden Beifall und bedankte sich dann noch mit „You are not alone“ von Michael Jackson.