Langenberg. . Die Führungen durch die gute Stube der Stadt stießen auf großen Anklang. Die Gäste erfuhren, warum es in dem Kulturhaus auch eine Turnhalle gibt.
„Beide Führungen sind ausverkauft“, freute sich Linda Frenzel, Geschäftsführerin des Kultur- und Veranstaltungsbetriebes Velbert (KVBV). Gemeint waren die zwei Führungen durch das Historische Bürgerhaus Langenberg, die im Rahmen des „Tags des Bürgerhauses“ stattfanden und erstmals von Historikerin Mariana Burdida-Kemper durchgeführt wurden. Fast 50 Menschen, verteilt auf zwei Gruppen, wurden so auf die Besonderheiten des Hauses aufmerksam gemacht.
Gestartet wurde vor dem Haus, um zunächst auf die Architektur hinzuweisen. „Als das Bürgerhaus gebaut wurde, war Langenberg einer der reichsten Orte Deutschlands“, damit erklärte Burdida-Kemper die „edle Einfachheit in der Ausführung und solide Bauweise“ des Hauses. Zu seinem Geburtstag am 17. November 1913 habe Adalbert Colsman den Grundstein legen lassen.
Das Historische Bürgerhaus Langenberg
Im Jahr 1913 boten Adalbert und Sophie Colsman der Stadt Langenberg zum Bau eines zentral gelegenen Hauses für die Bürgerschaft eine hohe Geldsumme an. Im Bürgerhaus sollten Versammlungen und Veranstaltungen jeglicher Art stattfinden, immer mit dem Ziel, der Bürgerschaft gute Unterhaltung und viel Erholung zu bieten. Die Nutzung der Räume und der Besuch der Veranstaltungen waren kostenfrei. Die Orgel wurde von dem Barmener Orgelbauer Paul Faust gebaut. Ihre Einweihung erfolgte am 24. Juni 1917. Zu damaligen Zeiten war sie die größte nichtsakrale Orgel im deutschsprachigen Raum.
Bauelement aus Romanik und Gotik
Unter den Teilnehmer war auch Wigrid Wohlmann, Vorsitzender des Fördervereins des Bürgerhauses: „Der ganze Stolz der Vergangenheit spiegelt sich in dem Gebäude wieder: der Reichtum und Prunk der Kaiserzeit. Für viele ist es fast erdrückend, ich empfinde das gar nicht so, das Haus ist der Hingucker!“ Während Burdida-Kemper erzählte, zeigt sie verschiedene Baustilelemente aus der Romantik, der Gotik und einfache geometrische Formen. Mit den beiden Treppen habe der beauftragte Elberfelder Architekt Arno Eugen Fritsche die Verbindung von Ober- und Unterstadt geschaffen. Leise plätscherte der Brunnen im Hintergrund, später stellte die Kunstvermittlerin die Verbindung von Brunnenelemente mit schmückenden Elementen im Großen Saal her.
Säulen mit Adler und Malteserkreuzen
Dann geht es über die Außentreppe runter zur und in die Turnhalle. Burdida-Kemper fragte die Gruppe, ob sich niemand wunderte, dass in dem Haus eine Turnhalle gebaut wurde. Ein Gast zitierte „In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist.“ Schon in der Antike sei die Gesundheit verehrt worden, wusste Reinhold Beckmann und zitierte J. J. Winckelmann: „Edle Einfalt und stille Größe“.
Zurück über die Außentreppe ging es in die Eingangshalle des Hauses, die stark von der Kriegszeit währen der Bauphase geprägt ist: an den Säulen mit Adler und Malteserkreuzen. Über dem Eingang habe ein Spruch gestanden: „In schwieriger Zeit bin ich geschaffen.“ Im Bergischen Zimmer erläuterte die Kunstvermittlerin, dass sich die Stifterfamilie damit einen Ruheraum erhalten habe. In dem exklusiv eingerichteten Raum werden heute Trauungen vollzogen.
Orgel und Glasmalereien sind außergewöhnlich
Anschließend wurden im kleinen Saal die Wände und Kassettendecken aus Eichenholz bewundert, bevor es in den Großen Saal „zum Herzen, zum Prachtstück“ ging: der Faust-Orgel mit dem seltenen Jugendstilprospekt aus Fichtenholz. Hier zeigte Mariana Burdida-Kemper die Wiederholungen der Kammmuschel des Brunnens in den Deckenelementen. „Die Glasmalereien der Fenster sind etwas Besonderes, gerade für alles, was nördlich der Alpen liegt“, die Malereien zeigen den bergischen Löwen und verschiedene Zünfte. Der Architekt habe zuvor Kirchen gebaut und sakrale Elemente mit eingebracht.
Orgel braucht besonderes Raumklima
Während einer kurzen Pause erläuterte Marcus Verhülsdonk, Techniker der KVBV, die Schwierigkeiten zum Betrieb der Orgel, erzählte vom notwendigen Raumklima und den Instandhaltungsarbeiten, die das Instrument mit sich bringe. Musiker Peter Nowitzki, der die Patenschaft für die Orgel übernommen hatte, erläuterte fachlich und detailliert sehr umfänglich Aufbau und Funktionsweise der Orgel. Für Eva Bongartz war dies der Höhepunkt: „Ich fand gut, dass wir in Räume kamen, die sonst eben nicht so offen stehen. Mein Highlight war die Orgel, die sehr gut erklärt und dann noch toll bespielt wurde.“ Peter Tunecke war ebenfalls angetan: „Ein sehr schönes Haus, die Restaurierung hat sich doch richtig gelohnt. Die Führung war sehr aufschlussreich.“