Velbert. . Laut einer Umfrage hat fast jede zweite Kita zu wenig Personal. Auch in Velbert ist die Lage angespannt – Fachkräfte sind oft schwer zu finden.
Immer schärfer schlägt nach Angaben des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE) der Personalmangel in Kindertagesstätten durch: So habe eine aktuelle Umfrage der Bildungsgewerkschaft unter 2600 Kindergartenleiterinnen und -leitern in ganz Deutschland ergeben, dass knapp jede zweite Einrichtung unterbesetzt sei – was zu Leistungseinschränkungen führen könne. Auch in Velbert berichten Kita-Träger von einer durchaus angespannten Situation im Personalbereich.
Etwa in den elf evangelischen Kindergärten der Stadt, wie Silvo Reimann vom Evangelischen Kirchenkreis Niederberg sagt: „Der Fachkräftemangel macht sich bemerkbar, die Besetzung von freien Stellen gestaltet sich als sehr aufwändig.“ Dies führe dazu, dass auch mal „Kompromisseinstellungen“ vorgenommen würden. „Zudem sind wir immer wieder von einem hohen Krankenstand betroffen“, so Reimann.
Für einzelne Tage mussten Notgruppen gebildet werden
In diesen Fällen sei es bereits vorgekommen, dass zwischenzeitlich für einzelne Tage Notgruppen gebildet werden mussten. „Wir haben dann gefragt, welche Eltern vielleicht ihre Kinder kurzfristig zuhause betreuen könnten. Zum Glück klappt das immer gut, es herrscht eine hohe Kooperationsbereitschaft bei den Eltern.“ Nun werde überlegt, eine Art Springersystem für Mitarbeiter/-innen der evangelischen Kitas einzurichten.
Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband, Träger von fünf Velberter Kitas (darunter Elterninitiativen), kennt Personalprobleme: „Wir haben in Deutschland einen klaren Fachkräftemangel, der sich so schnell nicht mehr beheben lässt. Die Situation hat sich in den vergangenen Jahren auch deutlich verschärft“, schildert Martin Künstler, Leiter des Fachbereichs Kinder und Familie beim NRW-Landesverband der Paritätischen.
Arbeitsbelastung ist für Fachkräfte gestiegen
Fachkräftemangel kennt auch Beate Steinau – die Leiterin der Kita Zwergenhaus in Neviges nennt einige Gründe, warum aus ihrer Sicht nicht mehr so viele Menschen in einer Kindertagesstätte arbeiten wollen: „Zum Beispiel hat die Belastung für das Personal deutlich zugenommen, deswegen ist der Beruf vielleicht auch nicht mehr so attraktiv“, sagt sie. Zudem sei der Anspruch von Eltern an die Kita enorm gestiegen. Ebenfalls würden immer mehr Verwaltungsaufgaben wie Qualitätsmanagement die Mitarbeiter einspannen.
Wie schwierig es sich gestaltet, Fachkräfte zu finden, schildert Beate Steinau: „Wir haben beispielsweise drei Monate nach einer Schwangerschaftsvertretung gesucht.“ So etwas sei auch nicht planbar. Schließlich werden Erzieherinnen in der Regel sofort frei gestellt, wenn sie schwanger sind.
Krankheitsbedingte Ausfälle treffen Kitas schwer
Insgesamt arbeiten sechs Kräfte in der Kita Zwergenhaus (davon zwei mit 30 Stunden) und betreuen 35 Kinder. Doch: „Gleich 33 Kinder haben die maximale Betreuung von 45 Stunden“, erklärt Steinau. Auch das sei allgemein eine Zunahme im Vergleich zu früher, weil immer häufiger beide Elternteile voll berufstätig seien. Dies führe ebenso zu einer stärkeren Belastung der Mitarbeiter.
Besonders zu schaffen machen der Kita auch krankheitsbedingte Ausfälle: „Neulich haben drei Kräfte gefehlt, die Eltern erwarten von uns aber auch bei verminderter Personalstärke die gleiche Leistung“, erläutert die Leiterin weiter. Schlimmstenfalls müsse dann eine Notgruppe eingerichtet werden.
Es gehen häufig kaum Bewerbungen ein
Auch in der katholischen Gemeinde St. Michael und Paulus, die fünf Kitas in der Stadt betreibt, sind Probleme mit fehlenden Fachkräften ein Thema. So berichtet Personalreferent Gisbert Punsmann: „Es ist manchmal schwierig, die Stellen vollzukriegen, weil es nur wenig Auswahl auf dem Markt gibt.“ Obwohl kaum Bewerbungen von Sozialpädagogen/-innen oder Erzieher/-innen einträfen, müssten allerdings keine Leistungen gestrichen werden. „Da kommen wir schon klar.“ Sorge bereitet Punsmann jedoch der bevorstehende Sommer: „Dann gehen einige Mitarbeiterinnen in den Ruhestand.“
SKFM und Stadt bilden für den Bedarf selbst aus
Recht zufrieden mit der Situation zeigt sich der SKFM, der in Velbert sieben Kindertagesstätten (Kolping-Kitas) betreibt. „Wie können nicht über Personalmangel klagen. Auch haben wir für unsere beiden neuen Kindertagesstätten in Velbert, die im Sommer eröffnen, Bewerbungen erhalten“, berichtet SKFM-Fachbereichsleiterin Claudia Schmidt. Dafür gibt es aus ihrer Sicht vor allem zwei Gründe: „Zum einen zahlen wir den Tariflohn, Erzieher und Erzieherinnen verdienen als Einstiegsgehalt 3000 Euro brutto. Zum anderen bilden wir auch selbst Kräfte aus, etwa Jahrespraktikanten.“
Wenig Probleme hat nach eigener Auskunft auch die Stadt in den drei kommunalen Kitas: „Wir haben keinen Mangel an Personal und müssen keine Leistungen einschränken. Das liegt auch daran, dass auch wir in den Kindertagesstätten ausbilden“, so Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.
Insgesamt gibt es 49 Kitas in Velbert. Einen Überblick gibt es auf www.velbert.de/familie-soziales/kindertagesbetreuung.
>>>DIE ERGEBNISSE DER UMFRAGE
- Unter den 2600 befragten Leiterinnen und Leitern von Kindertagesstätten gaben dem Verband Bildung und Erziehung (VBE) zufolge 56,3 Prozent an, dass aktuell keine Stelle in ihrer Einrichtung unbesetzt sei. Eine Vakanz hatten 26,4 Prozent, 11,9 Prozent suchten nach zwei Fachkräften. Die restlichen 5,4 Prozent gaben an, mindestens drei unbesetzte Stellen zu haben.
- Der Personalmangel führe oft dazu, dass Leistungen wie Ausflüge eingeschränkt werden müssten, hieß es weiter. Und: Jede fünfte Kita mit fehlenden Fachkräften müsse Öffnungszeiten verkürzen, Gruppen verkleinern oder gar schließen.