Velbert. . Vor zehn Jahren wurde Hund Merlyn mit Benzin übergossen und angezündet. Heute arbeitet er in Velbert als Begleiter für Menschen mit Behinderung.
„Hallo mein Schatz, wir haben uns aber lang nicht mehr gesehen“, sagt Daniela fröhlich. Schwanzwedelnd erwidert Merlyn die Begrüßung und legt den Kopf auf ihren Schoß. Daniela legt sich die Leine um den Oberkörper und zusammen trotten sie los. Sie im Rollstuhl und Merlyn ruhig und geduldig daneben. „Vor zehn Jahren hätte das niemand gedacht“, freut sich Merlyns Besitzerin Nicole Axmann, die wie immer beim gemeinsamen Spaziergang dabei ist. Denn damals schwebte der Hund noch in Lebensgefahr.
„Er wurde als Welpe in Griechenland angefahren, mit Benzin übergossen und angezündet“, erklärt Nicole mit traurigem Blick. Damals berichtete die WAZ ausführlich über das Schicksal des Vierbeiners. „Aber wir haben ihn aufgepäppelt“, erzählt Nicole weiter.
Eine Narbe über dem Bauch erzählt die Leidensgeschichte
Liebevoll streicht Nicole, wie sie von allen genannt wird, dem Schäferhundmischling über den Kopf. Dabei fällt auf: Das linke Ohr fehlt ihm. Seine 44-jährige Halterin hebt Merlyns Fell und zeigt die Stelle am Vorderbein, an der vor zehn Jahren eine Hauttransplantation gemacht werden musste. Die Narbe geht fast bis zu Merlyns Hinterteil. „Bis zu dem Punkt hier“, sagt Nicole und zeigt auf eine helle Stelle im dunklen Hundefell.
„Die ersten zwei Jahre von Merlyn waren echt hart“, erinnert sich Nicole. Einmal habe sie sogar damit gerechnet, ihren Hund einschläfern zu müssen, aber der Kleine habe immer gekämpft. „Wenn ich heute mit ihm zum Tierarzt gehe, sind alle immer ganz begeistert, dass er jetzt schon so lange so fit ist“, freut Nicole sich.
Eine ruhige Ausstrahlung hilft bei der Arbeit mit Kranken
Eine Bekannte, die im Tierschutz aktiv war, habe Nicole den kleinen Merlyn damals vorgestellt. „Eigentlich sollte ich ihn nur einmal kurz halten“, erinnert sich die 44-Jährige. „Aber dann war’s um mich geschehen und Merlyn ist geblieben“, erzählt sie weiter.
Und schnell war klar, dass Merlyn der Krankenpflegerin bei der Arbeit mit Demenz- und psychisch kranken Menschen helfen könnte. „Er hat so eine ruhige Ausstrahlung und liebt einfach alle Menschen“, sagt Nicole glücklich und tätschelt Merlyn den Kopf. Regelmäßig gehe die selbständige Pflegerin mit Merlyn zum Beispiel in Altenheime. Sie habe mit dem Hund einen ganz anderen Zugang zu den Menschen, erzählt Nicole.
Nicht nur Hund, sondern auch Helfer in der Not
„Meine Knutschkugel“, fällt Daniela ihr beim Spaziergang ins Wort und steckt dem Begleithund ein Leckerchen in die Schnauze. Gemeinsam erinnern die beiden sich an Situationen, in denen Merlyn Daniela geholfen hat. Oder helfen wollte: „Einmal ist sie mit ihrem E-Rolli hingefallen und Merlyn wollte erst gar keinen Ersthelfer an sie ranlassen, weil er sie beschützen wollte“, sagt Nicole. „Alles gut gegangen“, ergänzt Daniela grinsend.
Die 41-jährige Rollstuhlfahrerin erinnert sich an eine Situation, in der es ihr sehr schlecht ging und sie sehr traurig war. „Merlyn hat sich einfach auf meinen Schoß gelegt und gekuschelt“, sagt Daniela. Auch sie kennt den Schäferhundmischling seit zehn Jahren. „Da mussten wir ganz vorsichtig mit ihm umgehen“, erzählt Daniela. Denn damals hatte er noch einen Verband um seinen Bauch, der seine starken Verbrennungen schützen sollte.
Bald geht es in die wohlverdiente Hunderente
„Aber so langsam geht der Opi auf die Rente zu“, sagt Nicole. Der Schäferhundmischling könne mittlerweile nicht mehr gut sehen und hören. Die Arbeit mit Behinderten sei für den Hund natürlich anstrengend. Er konzentriere sich schließlich sehr auf die Menschen, wenn er mit ihnen spazieren oder einkaufen gehe und Nicole bei den Besuchen in Pflegeheimen unterstütze. Aber: „Solange er da noch so einen Spaß dran hat, darf er das natürlich auch weiter machen.“
Nach dem Spaziergang verabschiedet sich Merlyn von Daniela, indem er ihr freudig durchs Gesicht schleckt. Sie streichelt ihm über den Kopf und sagt: „Ich hab dich auch lieb, Opi.“
>> SELBSTSTÄNDIG MIT AMBULANTER PFLEGE
- Nicole Axmann ist seit 24 Jahren in der Pflege und Betreuung von Demenzkranken und Menschen mit psychischen Behinderungen tätig.
- Vor neun Jahren hat sie sich mit einem ambulanten Pflegedienst selbstständig gemacht und arbeitet dabei intensiv mit ihren drei Hunden, die alle eine Prüfung als Begleithund bei der Stadt Velbert abgelegt haben.
- Nicole Axmann ist fest davon überzeugt: „Hunde werden in der Pflege viel zu wenig eingesetzt.“