Velbert. . Das Velberter GSG veranstaltete einen Workshop für Achtklässlerinnen und einen Abend für Eltern. Mädchen sollen über Gefahren aufgeklärt werden

Anna war gerade 18 Jahre alt, als sie den jungen Mann kennenlernte, der sie erst verliebt und schließlich zu Prostituierten machte. Die junge Frau war an einen Loverboy geraten. Ihr Vater Dirk berichtete am Mittwochabend auf einem Elternabend im GSG (Geschwister-Scholl-Gymnasium) über das Schicksal seiner Tochter. Um Schülerinnen vor so einem Schicksal zu bewahren, hatte die Schule einen Workshop für Achtklässlerinen zum Thema veranstaltet. Loverboys sind meist attraktive junge Männer, die Mädchen ab elf Jahren in die Prostitution zwingen.

Als der Freund zum Kaffee kam, ging das Mädchen schon auf den Strich

Dirks Tochter war Auszubildende, lebte zuhause und hatte eine festen Freund. Plötzlich veränderte sich das Mädchen, zog sich anders an und eröffnete den Eltern, dass sie nun einen neuen Freund habe. Der kam dann sogar zum Nachmittagskaffee. Da ging Anna aber schon für ihn anschaffen. „Mein Fall war der junge Mann nicht. Aber er musste ja auch meiner Tochter gefallen“, sagt Dirk vor den Eltern im GSG.

Die Eltern der Achtklässlerinnen ließen sich informieren.
Die Eltern der Achtklässlerinnen ließen sich informieren. © Uwe Möller

Sie veränderte sich immer mehr, kam selten nach Hause, bald gar nicht mehr. Schließlich gab es keinerlei Kontakt, kein Lebenszeichen mehr. In ihrem Zimmer fand der Vater dann Visitenkarten von Swinger- und FKK-Clubs. Die Polizei wollte ihm nicht helfen, da Anna volljährig war.

Unten im Auto wartete der Loverboy

Vier Monate lang hatte er keinen Kontakt zu dem Mädchen, bis es eines Tages nach Hause kam, um ein paar Sachen zu holen. Unten im Auto wartete der Loverboy. Es gelang Dirk, ihr einen Brief zuzustecken. Nach einigen Wochen kam dann ein Hilfe-Anruf. Dirk fuhr nach Krefeld und holte seine Tochter aus einem Appartementhaus ab. Zwei Wochen blieb sie zuhause, dann war der Loverboy wieder stärker. Mehrere Jahre lang arbeitete Anna für ihren Loverboy als Prostituierte. Heute lebt sie wieder ein normales Leben. „Aber sie hat damals eine Gehirnwäsche durchlaufen. Ich habe Angst, dass die ,rückfällig’ wird“, sagte Dirk.

Kerstin Schmidt vom Verein Windrose referierte zum Thema Loverboys.
Kerstin Schmidt vom Verein Windrose referierte zum Thema Loverboys. © Uwe Möller

„Liebe ohne Zwang“

Die Eltern waren betroffen. Damit ihren Mädchen nicht das gleiche Schicksal droht, gab es den Workshop „Liebe ohne Zwang“, der von Windrose-Ev. veranstaltet wurde. Die Organisation kämpft gegen Menschenhandel.

„Rund 69 Prozent des Menschenhandels machen sexuelle Ausbeutung aus,“ sagt Kerstin Schmidt von Windrose. Die Opfer sind zumeist Frauen oder Mädchen, 50 Prozent von ihnen sind minderjährig. Und häufig sind es deutsche Mädchen, oft aus gut situierten Häusern, die Gesamtschulen oder Gymnasien besuchen. „Die betroffenen Mädchen haben häufig ein geringes Selbstbewusstsein, wenig soziale Kontakte und fühlen sich wenig wahrgenommen“, sagt Kerstin Schmidt.

Anzeichen, die Eltern alarmieren sollten

Der Loverboy zeigt Aufmerksamkeit, bringt oft teure Geschenke mit und isoliert das Mädchen von seiner Familie. Es gebe Anzeichen, die Eltern auch die auf dem Elternabend alarmieren sollten: Verschlechterung der schulischen Leistungen, blaue Flecken, zunehmender Alkohol- und/oder Drogenkonsum. Das Mädchen wird aggressiv gegenüber der Familie, hat mehrere Handys, telefoniert heimlich, hat ältere Freunde, die es mit dem Auto zur Schule fahren. Sollten mehrere Indizien auffallen, könnte die Elterninitiative für Loverboy-Opfer die erste Anlaufstellen sein.

>>>WEITERE INFORMATIONEN ZUM THEMA

  • Informationen gibt es online unter www.die-elterninitiative.de. Jeder der dieses Problem kenne, könne potenziellen Opfern helfen, ehe es zu spät ist. Fragen werden auch unter info@die-elterninitiative.de beantwortet. Windrose-EV. kämpft gegen Menschenhandel, eine Form davon ist Sexsklaverei.