Neviges. Die Mitglieder des Bezirksausschusses Neviges bekennen sich zum Handel in der Innenstadt. Harsche Kritik hagelt es für einen Antrag der Piraten.

So einig sind sich die Mitglieder des Bezirksausschusses Neviges selten: Harsche Kritik von allen Seiten hagelte es für einen Antrag der Piraten-Partei, die Stadt Velbert möge eine Erweiterung des Einkaufszentrums Am Rosenhügel prüfen. Je nachdem, wie das Ergebnis ausfalle, solle dann der Handel aus der Altstadt auf die grüne Wiese verlegt werden. „Warum nicht das Erfolgreiche weiter stärken? Das Einzelhandelsgebiet ist beliebt, sogar Bürger aus dem nahen Wuppertal kaufen gerne da ein“, erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Piraten Thomas Küppers.

„Einen Umzug auf den Rosenhügel prüfen“

Das Einkaufscenter  Am Rosenhügel aus
Das Einkaufscenter Am Rosenhügel aus © Hans Blossey

Die von der Stadt erarbeiteten Konzepte, so Küppers, der sich als bekennender Nevigeser bezeichnet, zielten mehr darauf, die Gastronomie zu beleben und die Verweildauer in der Altstadt zu verlängern. Für den Kunden werde jedoch die Innenstadt immer uninteressanter. „Wir haben in Neviges alle großen Läden verloren, die Laufkundschaft anziehen.“ Der letzte herbe Schlag sei die Schließung von Gassmann gewesen. „Wir wollen daher, dass geprüft wird, wie dem Einzelhandel geholfen werden kann. Zum Beispiel durch einen Umzug an einen besseren Standort.“ Dazu möge die Stadt auch prüfen, ob es für diesen Umzug „Fördergelder für die arg gebeutelten Händler gibt.“

„Einen solchen Unsinn habe ich noch nie gehört“

CDU-Ratsfrau Marlies Ammann hielt den Antrag erst für einen Scherz.
CDU-Ratsfrau Marlies Ammann hielt den Antrag erst für einen Scherz. © Uwe Möller

Verständnisloses Kopfschütteln in den Reihen der Ausschussmitglieder, die, von den Piraten abgesehen, einstimmig gegen diesen Antrag stimmten. „Ich hielt das erst für einen schlechten Scherz. Wie lange haben wir denn um Netto gerungen, darum, dass die Nahversorgung gesichert ist?“ empörte sich Ratsfrau Marlies Ammann (CDU). Auch SPD-Ratsfrau Brigitte Djuric hat „einen solchen Unsinn in meiner gesamten politischen Zeit noch nicht gehört.“ Seinen Ärger über den Antrag der Piraten hatte auch zuvor in der Fragestunde für Einwohner Helmut Wulfhorst, der zweite Vorsitzende der Werbegemeinschaft Neviges, verkündet: „Ich hatte das für einen Aprilscherz gehalten, aber das ist nicht lustig: Verunsichern Sie nicht die Nevigeser Kaufleute.“ http://funke-cms.abendblatt.de:8080/webservice/thumbnail/article/216327999

Antrag der Piraten wird als schädlich bezeichnet

Tief Luft holt August Friedrich Tonscheid, Fraktionsvorsitzender der Wählergemeinschaft Velbert anders. „Mir fehlten die Worte, als ich das hörte. Als ich auf dem Wochenmarkt war, fragte mich ein Bürger: Was rauchen die da eigentlich?“ Gerade in einer Zeit, in der das integrierte Handlungskonzept zur Belebung der Nevigeser Innenstadt erarbeitet werde, mit einem „solchen Unsinn“ zu kommen, sei mehr als schädlich. Findet auch Jörg Möller (Die Linke): „Wenn wir uns jetzt selbst ein Bein stellen, so blöd kann man doch gar nicht sein.“

„Soll ich meinen Laden jetzt vernageln und umziehen?“

Esther Kanschat, Fraktionsvorsitzende der Grünen/Bündnis 90, wählte eine etwas gemäßigtere Tonart, gab aber in der Sache ihren Vorrednern Recht. „Lassen Sie uns abwarten, was das integrierte Handlungskonzept bringt.“ Ute Meulenkamp bekannte nicht nur als SPD-Ratsfrau Farbe, sie ist als Inhaberin des Geschäftes „Teezeit“ auf der Elberfelder Straße auch persönlich betroffen. „Ich bin Immobilien-Besitzerin, soll ich meinen Laden jetzt vernageln und zum Rosenhügel ziehen?“ Man wolle ja „keinen Besitz beschlagnahmen“, beschwichtigte Thomas Küppers, „aber die Stadt könnte doch prüfen, ob es Fördergelder für den gebeutelten Handel gibt.“ Ulrich Weber, für die Piraten als sachkundiger Bürger im BZA, ergänzt: „Es ist eine gute Tradition, dass man alle Optionen prüft.“

Dezernent warnt: „Nicht von Zerfall sprechen“

Eine ganz andere Idee hatte der Beigeordnete Jörg Ostermann, Dezernent für die Bereiche Stadtentwicklung, Immobilienservice, Wirtschaftsförderung und Stadtmarketing: „Man könnte den Antrag auch umdrehen und prüfen lassen, was man tun könnte, damit die Einwohner vom Rosenhügel zum Einkaufen in die Nevigeser Innenstadt kommen.“ Ostermann hielt für gefährlich, von einem „Zerfall“ der Innenstadt zu sprechen: „Das ist der falsche Ansatz. Wir haben ja das integrierte Handlungskonzept noch gar nicht verabschiedet. “

Altstadtkonferenz Ende Februar im Pilgersaal

Es gehe darum, ein „Wir-Gefühl“ zu stärken, Sofortmaßnahmen in Angriff zu nehmen. Eine startet bereits am 27. Februar im Pilgersaal: „Dann laden wir zu einer Altstadtkonferenz ein, an der etwa 120 Personen teilnehmen.“ Dabei sollen Maßnahmen zur Belebung in Neviges erarbeitet werden, „die man schon in diesem Jahr sehen kann“, so kündigt der Dezernent an.

<<<DIE POSITIVE ENTWICKLUNG STÄRKEN

  • Das integrierte Handlungskonzept der Stadt Velbert soll den Ortskern von Neviges stärken. Zunächst wurden Stärken und Schwächen der Altstadt in unterschiedlichen Themenfeldern wie unter anderem Einzelhandel, Verkehr, Städtebau, Wallfahrt und Tourismus analysiert. Anschließend wurden mehrere Entwicklungsszenarien aufgestellt. Im nächsten Schritt sollen nun Projekte und Maßnahmen erarbeitet werden, die zu einer positiven, nachhaltigen und ganzheitlichen Entwicklung von Velbert-Neviges beitragen.