Tönisheide. Die Fleischerei Kampmann in Tönisheide schließt am 31. Dezember 2018. Die Kunden sind traurig, verstehen aber die Gründe der Entscheidung.
Die Schlange an der Theke ist lang. „100 Gramm Mailänder, dünn geschnitten“, möchte eine Kundin, die nächste sechs Putenschnitzel. Der Laden von Fleischermeister Thomas Kampmann brummt. Dass es der letzte Festtagsbraten für Weihnachten ist, den sie hier bestellen, finden seine Stammkunden „ganz, ganz schrecklich“, so Marilies Corsten. Am 31. Dezember schließt der Traditionsbetrieb, den Thomas Kampmann in vierter Generation mit Leib und Seele und nicht zuletzt mit großem Erfolg geführt hat.
Rückzug aus gesundheitlichen Gründen
Wilhelm Kampmann gründete vor 120 Jahren den Betrieb
Am 31. Dezember geht eine Ära zu Ende: Vor 120 Jahren gründete Wilhelm Kampmann den Betrieb in Tönisheide. Familienvater Thomas Kampmann führt den Laden an der Nevigeser Straße in vierter Generation.
Findet sich kein Nachfolger, ist die Fleischerei Janutta die einzige Metzgerei in Neviges und Tönisheide.
So entsetzt seine Kunden über diese Nachricht sind, so sehr verstehen sie die Gründe: „Ich hatte ja vor fünf Jahren einen schweren Unfall. Mir geht es wieder gut, aber in meinem Beruf muss man viel heben. Man steht auch den ganzen Tag, das strengt mich doch sehr an.“ Vor drei Tagen ist Thomas Kampmann 50 Jahre alt geworden. „Ich möchte nicht plötzlich umkippen, und das war’s.“
Das Rindfleisch stammt aus Langenberg
Jeden Morgen um fünf Uhr Mett und Bratwürste zubereiten. Und wenn um 18 Uhr die letzten Kunden mit Knusperschnitzel oder Zitronenschinken in der Tasche den Laden verlassen, ist auch noch lange nicht Schluss. Eine gut gehende Metzgerei mit Partyservice zu führen, ist wahrlich Knochenarbeit. Zumal in dem Traditionsbetrieb sehr vieles selbst hergestellt wird, und das mit Fleisch aus der Region: „Die Schweine kommen aus Velbert, das Rindfleisch aus Langenberg“, erläutert der sympathische Metzgermeister kurz und knapp.
„Unser Corned Beef ist seit Jahren ein Renner“
Klar, ein Serranoschinken, den könne man nicht selber machen. Aber Corned Beef, um nur ein Beispiel zu nennen, schon. „Einer unserer Renner. Das Rindfleisch kochen wir in Gemüsebrühe, dann kommen Naturgewürze dran, das gibt dann schon Geschmack.“
König Kunde forderte Leberwurst mit Preiselbeeren
Oder die Leberwurst mit Preiselbeeren, die es eigentlich nur zu Weihnachten geben sollte – aber da gab es Proteste in Tönisheide: „Die Kunden wollten da nicht mehr drauf verzichten, also gibt’s die jetzt das ganze Jahr über.“ Der Kunde ist König - und jetzt tieftraurig.
Die Kunden reagieren bestürzt und traurig
„Was? Das gibt’s doch nicht. Kampmann schließt? Der gehört doch hierher“, zeigt sich Alexandra Messerschmidt bestürzt. „Ich bin nicht der große Fleisch-Esser, aber die Fleischwurst mit Knoblauch ist klasse.“ Marilies und Udo Corsten haben die Nachricht gerade im Laden gehört: „Ich finde das dramatisch. Hier wusste man, wo das Fleisch herkommt, immer allererste Qualität.“ Auch Elinor Baumann ist traurig: „Ich kauf doch kein Hackfleisch im Supermarkt.“
Ein Nachfolger ist noch nicht in Sicht. Was die Kunden ein bisschen trösten dürfte: Von den vier Mitarbeiterinnen haben drei einen qualifizierten Job, die vierte denkt über eine Veränderung nach.