Neviges. . Viele Nevigeser jubeln über die Rettung der Stadthalle. Ein Investor will in dem unter Denkmalschutz stehendem Gebäude Wohnraum schaffen.
Sie jubeln, staunen, können es kaum glauben. Die Nachricht, dass die Stadthalle nicht abgerissen wird, ist unter den Nevigesern ein großes Gesprächsthema. Die Wobau hatte sich, parallel zur Ausschreibung für ein Abriss-Unternehmen, bis zuletzt um einen Käufer bemüht – und gefunden. Der Investor will hier Wohnraum schaffen.
„Klasse, ich hab das gelesen, ich bin ganz überrascht“
„Klasse ist das, ich hab das heute morgen gelesen, bin ganz überrascht“, freut sich Klaus Joest über die Nachricht. „Ich fahr da ja jeden Tag her, mir tat das immer leid, wie die so vor sich hin gammelte.“ Sein Freund Hans Willwoll nickt: „Was haben wir da schon gefeiert. Oft Karneval, die Schützen hatten da immer ihren Ball.“ Und Karla Kalkhoff ihren „Jugendtanz“, wie sie vergnügt sagt. „Wir hatten damals tolle Zeiten.“ Lob gibt es von allen Dreien für die erfolgreichen Bemühungen der Wobau, einen Käufer zu finden. „Das ist eine gute Firma, bei meinem Bekannten haben die prima Balkone gemacht.“ Dass die Halle nicht als Veranstaltungsraum umgebaut wird, können die Drei verschmerzen. „Hauptsache, die bleibt uns erhalten.“
Finden auch Bettina Stellwag, Inhaberin des Weinladens auf der Elberfelder Straße, und ihre Nachbarin Hiltrud Gille. „Ach Gott, ich war als Zwölfjährige da oft im Theater. Da hieß es: Schön anziehen“, erinnert sich die 74-jährige Chefin des Obstgeschäftes.
Dort Hamlet gesehen
Auch Petra Zimmermann weiß noch genau, wie das war: Theater in der Stadthalle „Bei Hamlet hab ich oben auf der Empore gesessen, das war für uns Kinder so imposant.“ Bei aller Freude über den Erhalt sieht sie die geplante Nutzung kritisch: „Immer mehr Wohnungen entstehen. Aber was sollen die Leute hier, wenn es nichts zum einkaufen gibt?“
„Wohnungen da rein? Das ist ja wohl ein Scherz“
Viele Elemente aus der Bauhaus-Ära
Der Entwurf der 1928 erbauten Stadthalle stammt von Stadtbaurat Henry Prahl.
In ihrem Gutachten hob Landesoberbaurätin Dr. Elke Janßen-Schnabel die klare Formensprache der Bauhaus-Epoche hervor. Zwar wurde das Gebäude im Zweiten Weltkrieg teilzerstört, doch sei, so das Gutachten, Wichtiges noch vorhanden.
Bundesweit finden im Jahr 2019 Feierlichkeiten zum Thema „100 Jahre Bauhaus“ statt.
„Wohnungen da herein? Das ist ja wohl ein Scherz“, kann Angelika Hesmert die Pläne des Investors kaum glauben. „Ich finde ja gut, dass nicht abgerissen wird. Aber wer weiß, was von der Front am Ende bleibt.“ Ihre Bekannte Verena Richter ist da weniger skeptisch: „Die Lage ist ja ganz schön, und man guckt in den Stadtgarten.
So neu die Nachricht ist, so schnell schießen die Gerüchte ins Kraut. „Da kommt eine Moschee hin, das hat ein islamistischer Verein gekauft“, behauptet eine Passantin. Dazu Michael Ratz, bei der Wobau zuständig für den Bereich Verkauf, Marketing und Projekte: „Das ist nun definitiv eine Ente.“
Die Pläne werden im Ausschuss vorgestellt
Der neue Eigentümer hat bereits Verbindung zum Planungsamt und der unteren Denkmalschutzbehörde aufgenommen. Auch will er seine Pläne demnächst dem Bezirksausschuss vorstellen. Die Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes will er weitestgehend erhalten.
LVR-Amt für Denkmalschutz gegen Abrisspläne
Bereits 2012, als die letzte Veranstaltung über die Bühne ging, gab es schon Abrisspläne. Die Stadt wollte das als unwirtschaftlich geltende Haus an die Technischen Betriebe verkaufen, die wollten an der Stelle Parkraum schaffen. Doch ein Gutachten des LVR-Amtes für Denkmalpflege machte die Pläne der TBV zunichte: Die Stadthalle kam unter Denkmalschutz, die TBV traten von ihren Kaufplänen zurück. Die Stadt jedoch sah keinen Nutzungsbedarf, und hatte zudem kein Geld – eine Million Euro sollte die Sanierung kosten. Ein Käufer fand sich nicht, woran die Stadt nicht unschuldig sei, so der Vorwurf des LVR-Amtes für Denkmalschutz.
Es wurde eine „unterlassene Instandhaltung“ kritisiert, schließlich habe bereits 2009 ein von der Stadt beauftragter Architekt erhebliche Mängel festgestellt.
Das Ringen um die Stadthalle dauerte Jahre
Drei Jahre dauerte das erbitterte Ringen um die Stadthalle. Bevor es zu einer Entscheidung durch den NRW-Bauminister kam, gab die Obere Denkmalbehörde doch noch grünes Licht für den Abriss. Die Wobau kaufte kurz darauf 2016 die Stadthalle, geplant war, nach einem Abriss Wohnungen zu schaffen. Das es jetzt anders gekommen ist, erleichtert Hella Naumann, Mitarbeiterin der Unteren Denkmalbehörde der Stadt Velbert: „Viele sehen nicht die Besonderheit dieses Gebäudes. Das sind Zeitzeugen der Architektur. Die wären dann für immer weg.“
Ein Zeugnis aus der Ära der Bauhaus-Architektur
Sehr froh ist auch Historiker Gerhard Haun: „Die Stadthalle mit ihrer klaren Form ist in ganz Velbert das einzige Beispiel für die Bauhaus-Architektur.“