Velbert-Mitte. In der Velberter Selbsthilfegruppe für Menschen mit Angst- und Panikattacken versuchen Betroffene, sich gegenseitig Halt zu geben.

An Halloween überkommt so manchen Menschen die Angst, wenn Kinder in furchteinflößenden Kostümen, verkleidet als Geister oder Vampire, durch die Straßen von Velbert schlendern. An diesem Tag im Jahr ist das Gruseln erlaubt und viele setzen sich freiwillig dem Spiel mit der Angst aus. Doch was, wenn Ängste das Gefühlsleben und den Alltag beherrschen? 365 Tage im Jahr. Völlig ungewollt und unkontrolliert.

Über Ängste in der Gruppe sprechen

„Ich habe aus Angst sechs Jahre das Haus nicht verlassen“, sagt Erika*. Die Panik, etwas Schlimmes könnte ihr widerfahren, kontrollierte ihr Leben. „Ich hatte die Sorge, ich könnte auf der Straße einfach umkippen und sterben“, erzählt sie den anderen sechs Frauen am Tisch. Die Anwesenden kennen die Situation, wenn die Furcht ein übersteigertes Ausmaß annimmt. Denn ihr Aufeinandertreffen hat eine Intention: Sie wollen sich gegenseitig helfen und die Angst in den Griff bekommen. Deshalb besuchen sie die Velberter Selbsthilfegruppe für Menschen mit Angst- und Panikattacken.

Doch wie macht sich so eine Attacke bemerkbar? „Ich habe das Gefühl, ein dicker Stein liegt auf meiner Brust und ich bekomme keine Luft“, sagt Karin*. Der ganze Körper ist in Alarmbereitschaft. „Das Herz rast, man beginnt zu schwitzen. Es ist ein Gefühl von Ohnmacht.“ Die Velberterin hat jahrelang das Haus nicht verlassen. „Dadurch habe ich meinen Job verloren.“ Erst wenn ihr Ehemann nach Hause kam, konnte sie den Mut fassen, in Begleitung einen Schritt vor die Tür zu setzen.

Angst vor einer Fahrt mit dem Bus oder dem Aufzug

Ohne eine reale Bedrohung, führt bei allen Anwesenden die Angst dazu, bestimmte Situationen zu vermeiden. Menschenmassen, Aufzüge, die Fahrt mit dem Auto oder Bus. „Situationen, in denen ich die Kontrolle abgeben muss“, sagt eine Teilnehmerin. Das Gefühl des Ausgeliefertseins überkomme einen und es beginnt ein immergleicher Teufelskreis: Aus Angst vor der Angst schränken sie ihr Leben ein, ziehen sich zurück, soweit, bis nur noch die eigenen vier Wände Schutz bieten.

Kontakt zur Selbsthilfegruppe

Kontakt zur Gruppe stellt die Selbsthilfe-Kontaktstelle des Kreises Mettmann her – erreichbar unter (02104)9656-22 und 23. Per E-Mail: selbsthilfe-mettmann@paritaet-nrw.org

Die Selbsthilfegruppe für Menschen mit Angst - und Panikattacken trifft sich jeden Donnerstag um 18.30 Uhr im Gebäude der SGN Kontaktstelle.

In der Velberter Selbsthilfegruppe treffen Betroffene auf „Gleichgesinnte mit Verständnis“, denn nicht alle verstehen die unsichtbare Krankheit. „Reiß dich zusammen und stell dich nicht so an“, hören sie oft. Einmal die Woche, und das bereits seit 23 Jahren, trifft sich die Gruppe für etwa zwei Stunden. Dann sprechen sie über akute Probleme oder kleine Erfolge. Durch die Gespräche wollen sie sich stabilisieren und so das Rückfallrisiko senken.

Verhaltenstherapie stärkt das Selbstvertrauen

Doch der erste Schritt der Besserung war für alle Teilnehmer eine Verhaltenstherapie. In dieser haben sie gelernt, angstbesetzte Situationen zu bewältigen. „Mit meiner Therapeutin bin ich Bus gefahren. Dann hat sie mich alleine zurückgelassen.“ In Essen-Werden, erzählt Karin. Alleine musste sie den Weg nach Velbert meistern – und hat es geschafft. Auch das Haus verlässt sie mittlerweile wieder ohne Angst. Geholfen hat ihr dabei ein Hund. „Schritt für Schritt bin ich länger draußen geblieben“, sagt Karin. Immer mit dabei: ihr Handy. „Das gibt Sicherheit.“ Die will sie auch den anderen Mitgliedern der Selbsthilfegruppe geben.