Velbert-Mitte. . Jahrelang ist ein jetzt 38-Jähriger in psychiatrischer Behandlung, erleidet Rückschläge. Nun hat er sich zurückgekämpft, will anderen Mut machen.
„Das Leben ist wie Skateboard fahren: Wenn Du auf die Fresse fliegst, musst Du wieder aufstehen.“ Der Mann, der das sagt, ist schon mehrfach auf die Fresse geflogen. Und jedesmal wieder aufgestanden. Der 38-Jährige, der lieber anonym bleiben möchte, lebt inzwischen mit seiner Familie seit gut einem Jahr in einer Nachbarstadt, hat sich ein Leben aufgebaut.
Vor 18 Jahren zum ersten Mal in Behandlung
Doch von vorne: Im Jahr 2000 begibt sich der damals 20-Jährige zum ersten Mal in die Psychiatrie. Diagnose: paranoide, halluzinoide Psychose. „Damals habe ich bei meinem Vater gewohnt. Der hat mich richtig tyrannisiert, das war schlimm“, erzählt er. Auch in der Psychiatrie wird es nicht besser. „Ich bin da so schlecht behandelt worden, da habe ich den Entschluss gefasst: Wenn ich hier rauskomme, mache ich eine Ausbildung. Es muss sich was ändern im Gesundheitswesen.“
Auch die Ausbildungszeit bringt keine Besserung
Gesagt getan: Doch auch die Ausbildungszeit bringt keine Besserung: Er fliegt zu Hause raus, geht wieder in die Psychiatrie. „Seit dem bin ich in Behandlung im Klinikum Niederberg. Da fühle ich mich endlich gut aufgehoben.“ In der Ausbildung zum Altenpfleger gelangt der Velberter dann an Grenzen anderer Art: „Ich habe ja versucht umzusetzen, was ich in der Theorie gelernt habe. Aber das ist ein Riesenunterschied zur Praxis.“ Er habe zu wenig Zeit pro Patient gehabt, Material habe gefehlt und „teilweise war das gar nicht alles in einer Schicht zu bewältigen.“ Trotzdem schließt er 2004 seine Ausbildung ab.
Mehrere Rückschläge innerhalb kürzester Zeit
Doch nur ein Jahr später setzt es gleich mehrere Rückschläge: Eine Umschulung zum Kaufmann im Gesundheitswesen bricht er ab. Mit seiner damaligen Freundin reist er spontan in die USA, heiratet dort. „Doch nachdem ich ihr alles finanziert habe, hat sie sich plötzlich von mir scheiden lassen“. Mehrere Aufenthalte in der Psychiatrie folgen: „Ich bin dann berufsunfähig geschrieben worden.“
Danach habe er sich durchgeschlagen, berichtet der 38-Jährige: „Ein-Euro-Jobs, Zeitarbeit, sowas halt.“ Immer dann, wenn sein Umfeld bröckelte, seien die Episoden der Krankheit besonders schlimm gewesen. Auch gekifft habe er in dieser Zeit viel. „Das hat alles nur verstärkt.“ Was folgte war eine schwere Depression (2012/13). „Das war ein schwerer Kampf“, erinnert sich der inzwischen zweifache Familienvater. „Ich nehme auch immer noch Psychopharmaka.“
Schulkameradin rettet ihn
Gerettet habe ihn dann eine ehemalige Schulkameradin, erzählt er. „Wir hatten immer schon Kontakt. Und als es mir schlecht ging, hat sie sich gemeldet und gesagt: ,Ich päppel Dich wieder auf’.“ Und das funktionierte. Langsam, Schritt für Schritt, ging es aufwärts: „Sie hat mir viel Kraft gegeben, mich verstanden, mich aufgebaut“, berichtet er. „Und es ist schon der Hammer, wenn ich nach Hause komme, und mein Sohn ruft ,Papa, Papa’ oder die kleine Tochter fängt an zu grinsen.“
Inzwischen arbeitet er wieder in seinem gelernten Beruf, ist Altenpfleger bei den Maltesern. „Ich habe eine halbe Stelle, dadurch mehr Zeit für die Familie. Momentan geht es mit richtig gut.“ Warum er seine Geschichte erzählt, öffentlich macht? „Ich möchte anderen Menschen in einer ähnlichen Situation Mut machen. Es geht immer aufwärts, man darf einfach nie aufgeben. Irgendwann kommt immer ein Licht und an dieser Hoffnung muss man sich festklammern.“