Kettwig. . Ein Besuch im Wasserwerk der RWW in Kettwig. Hier kommt das Trinkwasser für Velbert-Mitte und Neviges her – ein aufwendiges Verfahren.

Ein Seepferdchen – dem ähnelt das Versorgungsgebiet der RWW (Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft). Passender geht es für einen Wasserlieferanten kaum. Velbert-Mitte und Neviges beziehen ihr Trinkwasser zwar von den Stadtwerken, Vorlieferant ist aber RWW.

Das Versorgungsgebiet der RWW erinnert an ein Seepferdchen.
Das Versorgungsgebiet der RWW erinnert an ein Seepferdchen. © Gerd Bertelmann

Das Wasserwerk der RWW steht in Kettwig. Dort wird das Wasser aus der Ruhr aufbereitet und bis in den Wasserspeicher nach Hetterscheidt und in das BKS-Hochhaus Velbert gepumpt. Betrachtet man einen einzelnen Tropfen Wasser, würde dieser sechs bis acht Stunden für die Strecke benötigen. Pressesprecher Ramon Steggink und Jürgen Raspl, Schichtmeister der Produktion, zeigen, wie aus Ruhrwasser Trinkwasser wird.

Fische finden ausreichend Nahrung

Bis zu 1300 Kubikmeter Wasser pro Stunde laufen in Pulsator und Accelator ein, die ersten Stufen der Reinigung. „Das Becken ist fünf bis sechs Meter tief“, erläutert Jürgen Raspl. Im Wasser, das direkt aus der Ruhr hierhin gepumpt wird, schwimmen nicht nur Dreck, sondern auch einige Fische. Lebend natürlich. Schlimm ist das weder für das Wasser noch für die Tiere. Denn ausreichend Nahrung finden sie in dem Flusswasser – und haben hier im Becken ihr eigenes Riesenaquarium.

So sieht der Prozess der Trinkwassergewinnung vereinfacht dargestellt aus.
So sieht der Prozess der Trinkwassergewinnung vereinfacht dargestellt aus. © Gerd Bertelmann

Klar ist das Wasser schon, aber ungenießbar

„Das Rohwasser wird mit Flockungsmitteln versetzt. Das sorgt dafür, dass der grobe Schmutz gebunden wird und sich so entstandene große Flocken aus dem Wasser entfernen lassen.“ Klar sieht das Wasser nun schon aus, genießbar ist es aber noch nicht. „Der erste Dreck wurde rausgefiltert, der Schlamm wird wieder abgeleitet. Aber einige Schadstoffe befinden sich noch im Wasser“. Ob ein Schluck Wasser beim Baden in der Ruhr oder von hier genommen würde, mache kaum einen Unterschied. „Trinkwasser ist es hier noch lange nicht, empfindlichen Menschen könnte das vielleicht Bauchschmerzen bereiten“, so Steggink.

Ozon-Luft-Gemisch tötet Bakterien und Keime

Die Schadstoffe werden in der zweiten Reinigungsstufe, der Ozonanlage, weiter bekämpft. Das Ozon-Luft-Gemisch sorgt binnen fünf Minuten dafür, dass Keime und Bakterien getötet, zu viel gelöstes Eisen und Mangan in filtrierbares Granulat umgewandelt und organische Stoffe biologisch abgebaut werden können. Klingt schon sauber, reicht aber nicht aus, um das Wasser aus dem Hahn fließen zu lassen.

„Dazu muss es erst noch einmal in unsere Filteranlage“. 300 Kubikmeter Wasser können pro Stunde in jedem Tank gereinigt werden. „Wir haben hier fünf Mehrschichtfilter und vier Aktivkohlefilter.“ Rost, Braunstein und andere, noch im Wasser befindlichen Schadstoffe werden hier entfernt. Ab jetzt ist das Wasser sauber und hat Trinkqualität. Und dennoch landet es noch nicht in der Velberter Leitung.

UV-Licht statt Chlor

Bis Ende 2017 wurde das Trinkwasser, bevor es nach Velbert ging, mittels Chlor desinfiziert. Dieser Schritt ist seit Beginn dieses Jahres durch die UV-Desinfizierung ersetzt worden, weil diese einen enormen Vorteil: „Sie ist geruchs- und geschmacksneutral“, so Raspl.

„Beim UV-Verfahren wird das Erbgut von Keimen beschädigt und eine Vermehrung ist nicht mehr möglich. Der Organismus verliert seine gesundheitsschädigende Wirkung.“ Dass die Chlorung im August zusätzlich wieder eingesetzt wurde, sei „eine reine Sicherheitsmaßnahme“ gewesen.

Auskühlen in der Badewanne

„In zehn Metern Tiefe kühlt das Wasser aus und wird zwischengespeichert“: Die Badewanne, wie Ramon Steggink das Becken nennt. Ein bisschen größer als die heimische Planschgelegenheit ist das zehn Meter tiefe Becken dann aber doch, immerhin fasst es eine Menge von 50 000 bis 60 000 Kubikmetern. Hier darf auf keinen Fall Fremdwasser hineingelangen. Das würde das Wasser verunreinigen und unbrauchbar machen. Eine erneute Reinigung wäre notwendig . Aus diesem Grund ist 2011 eine kilometerlange Dichtwand erbaut worden.

An der Pumpenstation wird es laut und heiß. Kein Wunder, hier wird reichlich Energie benötigt, um das Wasser bis nach Velbert zu bekommen. 210 bis 250 Meter Druckhöhe, das entspricht bis zu 25 Bar, müssen über eine Strecke von etwa 15 Kilometern bewältigt werden. Bis zu vier Pumpen fördern das Wasser je nach Bedarf. „Wir können hier sofort reagieren, wenn ein erhöhter Bedarf ist. Beispielsweise sieht man den rasant ansteigenden Verbrauch sofort bei Pausen von WM-Spielen. Oder morgens, wenn viele Leute vor der Arbeit duschen“.

Wasserwerk in Kettwig wird seit 1891 betrieben

Schon 1891 hat Velbert, damals noch gemeinsam mit Heiligenhaus, das Wasserwerk in Essen-Kettwig in Betrieb genommen. 1912 errichtet Heiligenhaus seine eigene Wasseranlage. Seit 1944 gehört das Kettwiger Wasserwerk der RWW, die insgesamt vier Wasserwerke an der Ruhr betreiben: drei in Mülheim und eines in Kettwig. Das Kettwiger Werk versorgt über die Stadtwerke nicht nur Velbert-Mitte und Neviges, sondern auch Wülfrath und in Ratingen die Bereiche Hösel, Breitscheid, Lintorf und Eggerscheidt.

Werksführungen für Gruppen

Für alle die sich über die Trinkwasserförderung und - Aufbereitung informieren möchten, werden Führungen für Gruppen in dem Ruhrwasserwerk Mühlheim-Styrum angeboten. Eine Führung dauert circa zwei Stunden. Das Angebot richtet sich an Familien mit Kinder ab neun Jahren. Es wird vor Ort erklärt, wo das Wasser herkommt und wie jeder dazu beitragen kann, das Trinkwasser zu schützen. Informationen und Termine gibt es unter der Nummer (0208) 4433604.

Notversorgung für Heiligenhaus

Für Heiligenhaus gibt es eine Notversorgung. 1960 wurde das Wasserwerk von Dampf auf E-Betrieb umgestellt. Anfang der 1980er Jahre wurde das Mülheimer Verfahren eingeführt – mit zwei im Parallelbetrieb laufenden Flockungsstufen, Mehrschichtfiltration, ergänzt durch Ozonanlage und Aktivkohlefiltration. Seit 2017 wird das Wasser im Kettwiger Werk mit einer UV-Anlage desinfiziert.

Täglich werden 200 000 Menschen versorgt

75 Millionen Kubikmeter Wasser befördern die RWW Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft insgesamt pro Jahr. 121 Liter verbraucht eine Person durchschnittlich pro Tag in Deutschland. Tendenz fallend. Zum Vergleich sind es in Ostdeutschland etwa 90 Liter pro Tag. 200 000 Menschen werden aus dem Wasserwerk in Kettwig versorgt. 700 000 von den anderen Wasserwerken. Das Versorgungsgebiet der RWW reicht von Burlo und Weseke als nördlichsten Punkten, bis nach Wülfrath als südlichstem Punkt.

Mehr als 400 Mitarbeiter sind bei der RWW beschäftigt. In der Produktion wird in drei Schichten mit je sechs Mitarbeitern rund um die Uhr gearbeitet. Die zentrale Schaltwarte, in der alle Anlagen überwacht werden, befindet sich in Mülheim-Styrum/Ost.

<<< TAG DER OFFENEN TÜR AM SONNTAG

Das Ruhrwasserwerk in Mülheim-Styrum an der Moritzstraße 16-22 öffnet am kommenden Sonntag, 23. September, von 11 bis 17 Uhr die Türen für Besucher. Hierbei können Besucher einen Blick hinter die Kulissen werfen und erfahren, wie das Ruhr- zum Trinkwasser wird. Zudem gibt es zahlreiche Vorführ- und Mitmachaktionen: So werden Rohrnetzarbeiten genauer unter die Lupe genommen und Hausanschlüsse detailgetreu beleuchtet. Zudem erhalten die Besucher Einblicke in die Arbeit von Schweißern und Filterbeckenreinigern. Am Ende wartet ein Wasser-Wettbewerb. Alle Informationen finden sich auf der Homepage auf www.rww.de.