Langenberg. . Auftakt des Langenberg-Festivals im Saal der Vereinigten Gesellschaft: Nina Reddig und Michael Mendl bescheren Zuhörern einen mitreißenden Abend.

Als sie unter Applaus den großen Saal in der VG betritt, um ihr Publikum zu begrüßen, erscheint ein Lächeln auf ihrem Gesicht: Nina Reddig strahlt, denn zur ersten Veranstaltung des von ihr jetzt zum vierten Mal organisierten und mitgestalteten Langenberg-Festivals haben sich so viele Zuhörer eingefunden wie noch nie. Die Geigerin hat auch in diesem Jahr für drei Tage ein prall gefülltes Kulturbündel geschnürt, das für viele Geschmäcker und Altersstufen etwas bietet – Bekanntes und Unbekanntes, neugierig Machendes, erwartungsvoll Stimmendes. Für den ersten Abend hat sie Michael Mendl überzeugt, gemeinsam mit ihr auf der Bühne zu stehen. Nun ja, auf dem Parkettboden der VG, um genau zu sein.

Goethe und Rilke treffen auf Bach

Ein bekannter Name ist es, der da auf dem Programm steht, und herein kommt ein Mann mit markanten Gesichtszügen und unverwechselbarer Stimme, in schwarzer Kleidung mit roten Akzenten, ein wenig diabolisch. Aber nicht Goethes Mephisto wird er geben, sondern Gedichte lesen und einen Brief. Wobei lesen nun wirklich gelogen ist. Auch spielen trifft es nicht. Michael Mendl deklamiert, gestikuliert mal mit der linken, mal mit der rechten Hand, legt papierene Blätter ab, faltet sie, wendet sie um, ist sich des Publikums bewusst und schafft es doch, sich zu geben, als befände er sich mit einem guten Freund in seinem eigenen Wohnzimmer. Die großen Fragen des Lebens werden an diesem Abend erörtert, und das in einer Weise, die begeistert und bei der stets eins ins andere greift – das Goethe-Gedicht in den Rilke-Brief in die Bach-Ciaconna. Die Gefühle der Lyrik in die Musik, das Augenzwinkern Morgensterns in die Mundwinkel Mendls und den tanzenden Bogen Reddigs. Die übrigens Mendls Farben aufgegriffen hat, aber eher den himmlischen Part spielt.

Besucher fühlen sich fast wie im Wohnzimmer

Und wie sie spielt auf ihrer Geige. Zupackend, kraftvoll, nichts zurückhaltend, dann wieder zart und leise, rauchig, nachdenklich. Nicht unbedingt historisch korrekt, doch mit ganzem Herzen – es sind eben Werke, die Nina Reddig schon ein Leben lang begleiten, Werke, die sie mit eigener Lebenserfahrung gefüllt hat und die deshalb nicht nur aus Noten auf Papier bestehen (und durchaus zu den richtig kniffeligen Stücken für Geiger zählen). Ebenso wenig wie Mendls Vortrag nur aus Buchstaben in Büchern schöpft, sondern aus sich selbst. Die beiden hören sich auch gegenseitig zu, was die Wohnzimmer-Atmosphäre noch verstärkt.

Geigenimprovisation zum „Papagei“

Da nehmen zwei ihre Zuhörer mit durch das ewig menschliche Woher, Wohin, Warum, die sich nicht nur etliche Jahre kennen, sondern sich auch hervorragend ergänzen, sich offenkundig verstehen. Das wird nirgendwo so deutlich wie in der Zugabe, die sie dann endlich gemeinsam geben – Mendl Morgensterns „Papagei“ rezitierend, Reddig dazu auf der Geige improvisierend. Ein wunderbar humoriger Abschluss eines sehr gelungenen Abends mit schließlich stehend gespendetem Applaus. Da capo.

<<< WEITERE VERANSTALTUNGEN

2015 veranstaltete Nina Reddig das erste LA-Festival. Seit Februar 2018 unterstützt ein Freundeskreis diese Arbeit.

Weitere Veranstaltungen gab es am Samstag und Sonntag: ein Konzert Maciej Frackiewicz (Akkordeon), einen Meisterkurs für Nachwuchs- und Laien-Ensembles, das Abschlusskonzert mit dem Clara Haskil Trio.