Am 5. September 1968 entstand am Lieversholz in nur einem Tag das Domizil von Familie Müller. Diese Bautechnik war damals noch etwas ganz Neues

Es war eine kleine Sensation vor einem halben Jahrhundert, über die sogar die Lokalzeitung berichtete: In nur einem Tag war am Lieversholz ein kapitales Einfamilienhaus errichtet worden – das erste Fertighaus in der Schlossstadt. Heike Müller wohnt noch immer in dem Haus, das ihr Vater damals bauen ließ.

Ganz in der Nähe der eigenen Firma

Vater Hermann Müller hatte oberhalb des Baugrundstückes eine Firma, das Domizil für seine Familie sollte ganz in der Nähe entstehen. Schnell sollte es gehen, wie er damals der Zeitung verriet. Gemeinsam mit seiner Familie hatte er sich auf einer Fertighausausstellung umgeschaut und sich dann für diese Bauform entschieden.

Ein Kran setzte die Teile auf den Keller

Und sein Plan ging auf. Nach nur 14 Tagen war das Haus komplett fertig, wobei die herkömmliche Arbeiten am Keller die meiste Zeit benötigten. Das eigentliche Haus entstand dann tatsächlich in einem Tag. Große Laster lieferten die Einzelteile, einzelne Wände. Selbst die Bad-Kacheln befanden sich an den Mauern. Ein Hebekran fuhr an den Rohbau und hob die Bauelemente auf den Keller. Auch die Elektroleitungen wurden verlegt. Dann kamen die Giebelwände und der Dachstuhl.

Fünf Bauarbeiter im Einsatz

„Nur fünf Bauarbeiter schafften es dann, das gesamte Haus in dem einen Tag zu bauen“, erinnert sich Heike Müller. Sogar das Dach wurde an dem einen Tag noch halb gedeckt. Die „Geburt“ ihres Hauses hat Familie Müller genauestens auf Fotos dokumentiert. Für den Bauherren Hermann Müller hatte das Projekt Fertighaus noch einen weiteren, nicht zu unterschätzenden Vorteil: „Hier habe ich es nur mit einer Firma zu tun, während ich bei der konventionellen Bauweise mit vielen Betrieben zusammenarbeiten müsste“, erklärte er damals.

Von außen sieht man es dem Haus nicht an, dass es vor einem halben Jahrhundert aus Fertigbauteilen entstanden ist.
Von außen sieht man es dem Haus nicht an, dass es vor einem halben Jahrhundert aus Fertigbauteilen entstanden ist. © Uwe Möller

An einem einzigen Tag

Obwohl das Haus in nur einem Tag entstand, hat es das halbe Jahrhundert völlig unbeschadet überstanden. „Die Einbauküche wurde damals mitgeliefert und es ist immer noch dieselbe“, sagt Heike Müller ein wenig stolz. Und die weiße Küchenzeile ist immer noch tiptop. Ebenso wie das damals mitgelieferte Parkett. Und auch die Fensterrahmen und die Zimmertüre sind immer noch die alten, lediglich das mitgelieferte Bad ist mittlerweile modernisiert worden.

Angenehm kühl im Sommer

Und sogar energetisch ist Heike Müller mit ihrem Haus voll zufrieden. „Selbst an den heißen Sommertagen war es hier im Untergeschoss noch lange angenehm kühl“, berichtet sie.

Momentan ist ihre Schwester Hella Hoffmeister aus Süddeutschland zu Besuch gekommen – und gemeinsam erinnern sich die beiden gern, wie es damals am 5. September 1968 war, als innerhalb nur eines Tages ihr neues Heim entstand.

  • >>SEIT ANFANG DER 60er JAHRE IN DEUTSCHLAND
    Mit dem Begriff Fertighaus wird im Allgemeinen ein Haus bezeichnet, das – zumindest in Teilen – werkseitig vorgefertigt an die Baustelle geliefert und dort endmontiert wird. Es gibt jedoch keine einheitlichen, verbindlichen Definitionen für diesen Begriff.
  • Der deutsche Fertighausmarkt boomte ab Beginn der 1960er Jahre. So bot ab 1962 das Versandhaus Quelle solche Eigenheime an. Im Jahr 2013 waren rund 15,6 Prozent der neu gebauten Eigenheime in Deutschland Fertighäuser mit regionalen Unterschieden.