Velbert. . VHS ist mit 500 Teilnehmern ein ganz großer Akteur. 26 Alphabetisierungs- und Integrationskurse im Angebot. Die aufnehmende Kultur wertschätzen.

Semester um Semester tritt das Team der Volkshochschule (VHS) Velbert/Heiligenhaus an, seinen Besuchern durch vielfältige Kurse neue oder auch erweiterte Perspektiven zu eröffnen. Das gilt ganz besonders für die Alphabetisierungs- und Integrationskurse im Bereich Grundbildung. Auf diesem Gebiet ist die VHS seit nunmehr sieben Jahren aktiv und sieht sich heute mit aktuell rund 500 Teilnehmern als größter Anbieter in Velbert-Mitte und Heiligenhaus. Insgesamt 26 Kurse waren zuletzt am Start.

Einige kommen auch freiwillig und als Selbstzahler

Den Großteil der Teilnehmer – nämlich die, die Leistungsbezüge bekommen – weist das Jobcenter „ME-aktiv“ zu. Wobei die Leute vom Jobcenter die Ansprüche prüfen und letztlich das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BaMF) bezahlt. „Einige kommen aber auch freiwillig und als Selbstzahler“, berichtet Rüdiger Henseling. Und berappen etwa für ein Alphabetisierungsmodul 195 Euro. Ob sich die VHS diese Kurse freiwillig ans Bein gebunden habe? „Wir haben schließlich eine soziale Aufgabe. Integration geht eben über Sprache“, antwortet der VHS-Direktor. „Und es geht ja auch um Kultur und anderes kulturelles Denken.“ Die Kurse seien zwar sehr aufwändig, verbesserten allerdings auch die Einnahmeseite. „Das tut uns und den Städten und auch anderen Kursen gut. Es geht also keinesfalls auf Kosten oder zu Lasten normaler Kurse.“ Prinzipiell entschieden übrigens die Teilnehmer selbst, bei welchem Anbieter sie lernen wollten.

Friedvolles Miteinander und wechselseitige Toleranz

Nach Auskunft von Anna Herrmann ist die Palette der Herkunftsländer groß: Syrien, Iran, Irak, Südosteuropa oder auch Eritrea. „Eine Vielzahl von Nationalitäten, bestimmt so 15 bis 20“, meint die 29-Jährige. Sie ist seit Jahresanfang Programmverantwortliche für Beruf und Deutsch. „Wir haben sie mit dem Lasso eingefangen“, sagt Henseling stolz. Anna Herrmanns Vorstellung von Integration? „Ein friedvolles Miteinander und wechselseitige Toleranz.“ „Die aufnehmende Kultur wertschätzen und akzeptieren, ohne die eigene Identität und Herkunft aufzugeben“, formuliert hingegen Henseling und fügt hinzu, dass es nicht zuletzt auch um das Demokratieverständnis gehe: „Wir können ja schließlich auch mal aus Fehlern lernen.“

Eine engagierte Dozentenschaft

„Wir haben großes Glück, eine unheimlich engagierte Dozentenschaft zu haben“, sagt Herrmann. Eine der aktiven ist Katarzyna Schäfer (40). Sie stammt aus Polen, hat an der Uni Essen erst Deutsch gelernt und dann studiert, engagiert sich mittlerweile schon seit einigen Jahren in Integrationskursen: „Ich arbeite supergerne mit Erwachsenen und freue mich immer, wenn jemand am Ende Erfolg hat“, schildert sie ihre Beweggründe.

Die Dozenten müssten auch Konflikte lösen können, berichtet der VHS-Chef, in den Kursen sei mitunter „ganz schön Dynamik drin“. Dabei gehe es zumeist um das Rollenverständnis Mann-Frau, um religiöse Vorstellungen und manchmal auch um machohaftes Verhalten. Grundsätzlich könne und würde man gerne mehr solcher Kurse anbieten. Das scheitere jedoch an fehlenden Räumen.

Lernfortschritte sind sehr klein

Walter Huhn hat sich beim BaMF beworben: „Es war Not am Mann. Wir müssen uns schon ein Stück kümmern, die Flüchtlinge sind ja ohne Sprache in unserem Land aufgeschmissen.“ Der 77-Jährige hat zuletzt an einer Leverkusener Gesamtschule unterrichtet und „wollte eigentlich nicht pensioniert werden“. Also arbeitete er wiederholt als Vertretungslehrer. „Hier geht’s nicht darum, Menschen wegen des Geldes durch die Kurse zu jagen“, beschreibt er die Situation an der VHS. „Die Lernfortschritte seien sehr klein, man können kein normales Lernverhalten voraussetzen. Aber erst am heutigen Morgen, freut sich Huhn beim Gespräch mit der WAZ, habe er die schöne Meldung bekommen, dass ein ehemaliger Schüler seine Prüfung bestanden habe.

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  • Anna Herrmann gehört erst einige Monate zum hiesigen VHS-Team. Die 29-Jährige ist Programmverantwortliche für Beruf und Deutsch, bringt die seltene Kombination von Erwachsenenbildung und Wirtschaftswissenschaften mit.
  • Die zwei anderen Programmverantwortlichen sind Beate Buchborn und Susanne Wege.