Neviges. . Der vierte Stadtspaziergang führt über den Peters-Berg: Mit der Arbeitersiedlung sorgte der Fabrikant auf der Pariser Weltausstellung für Furore.
Anheimelnd und gemütlich sehen sie aus, die Backsteinhäuschen entlang der Gustavstraße, durch die Stadthistoriker Gerhard Haun dieses Mal führt. Auf der Weltausstellung in Paris im Jahr 1900 beeindruckten sie die Experten dermaßen, dass für ihren Auftraggeber, den Textilfabrikanten David Peters, gar eine Goldmedaille heraussprang. „Bei der Weberei David Peters & Co gab es schon in der Früh- und Hochindustrialisierung vorbildliche Sozialeinrichtungen. Dazu gehörte unter anderem eine Kranken-, Unfall und Invalidenversicherung, eine Bausparkasse und ein Kindergarten“, erläutert der Stadthistoriker. „Früher als andere deutsche Unternehmen und die staatliche Sozialgesetzgebung hatte hier eine Firma ein ganzes Sozialhilfegesetz geschaffen.“ Und dazu gehörte es, gesunden Wohnraum zur Verfügung zu stellen.
Häuser für Arbeiter und Angestellte
„Sehen Sie, dort wohnten die Angestellten, und hier in der Gustavstraße die Arbeiter“, sagt Gerhard Haun und zeigt auf die Lukasstraße, die eigentlich Lucasstraße heißen müsste: Gustav und Julius Lucas hießen die Teilhaber der Weberei, die 1857 an der Elberfelder Straße aufgebaut wurde. Dort, wo heute der Supermarkt Lidl ist.
„Peters hat den ganzen Berg hier gekauft“
„Die Fabrik lag im Tal, Peters hat dann den ganzen Berg hier gekauft.“ Das war David Peters II., die laut Haun „herausragendste Persönlichkeit“ in der Unternehmerdynastie. Sein Vater hatte 1833 eine Baumwollspinnerei mitten in Neviges betrieben, im Bereich der heutigen „Glocke“. Ein verheerender Brand im Jahr 1859 war zugleich Anlass, die Produktion umzustellen. „1860 entstand im Sommer eine mechanische Weberei, die so gut lief, dass 1867 an der Elberfelder Straße eine neue Fabrik gebaut werden musste.“
Feinste Textilien aus Mohair-Garnen
Als erste deutsche Weberei, so Haun, produzierte sie feine Futterstoffe aus in England gewonnenen Mohair-Garnen. Der Laden brummte: Kontinuierlich stieg die Anzahl an Mitarbeitern an, 1907 zählte das Unternehmen insgesamt 455 Arbeiter und Angestellte.
Doch zurück zu einer der vorbildlichsten Arbeitersiedlungen, die David Peters II. natürlich nicht nur aus reiner Menschenfreundlichkeit errichtete: Zum einen, um die Arbeitskraft zu erhalten, zum anderen, um die Arbeiter gegen „sozialdemokratische Wühlereien“, wie es heißt, immun zu machen, erkannte der Unternehmer: „Als einen Haupthebel zur Besserung der Lage der arbeitenden Klasse müssen wir die Beschaffung eines eigenen Heims betrachten.“
Einrichtung einer „Prämienkasse für Hauserwerb“
Gesagt, getan: Am 1.1.1879 wurde eine „Prämienkasse für Hauserwerb“ gegründet, kurz darauf ließ David Peters auf seinem Berg Häuser bauen. Das Geld für den Start spendierten die Brüder Gustav und Julius Lucas, die 1789 beim Ausstieg aus dem Unternehmen ihr Firmenkapital zur Verfügung stellten.
Es gab die Häuser „Gustav“ und „Julius“
Für 2000 Mark konnten Arbeiter ein Haus des Typs „Julius“ erwerben. „Die Wohnfläche betrug 48 Quadratmeter, mit Stube, Küche, Schlafzimmer, Garten“, erläutert Haun, zeigt dabei auf die Rückseite einer Häuserreihe. Direkt gegenüber liegen die „Gustav-Häuser“: 57 Quadratmeter groß, kosteten sie 2750 Mark. Damit durch das Wäschetrocknen kein Schimmel entsteht, richtete Julius Peters 1898 eine „Dampf-Waschanstalt“ ein: „Für ein Wasch-Abo von fünf Mark bekam die Familie die Wäsche getrocknet zurück.“ Kleine Wäschestücke flatterten auf dem späteren Jahnsportplatz, jetzt Neubaugebiet. Haun: „Das alles war sehr modern, ja geradezu revolutionär.“
<<<DIE „STIFTUNG WOHLFAHRT“ DIENTE DEM VERGNÜGEN UND DER PÄDAGOGIK
Zum 50jährigen Firmenjubiläum richteten die Geschäftsinhaber 1883 die „Stiftung Wohlfahrt“ ein: Auf einem von David Peters III. geschenkten Grundstück an der Lukasstraße wurde ein prächtiges Gebäude mit Kindergarten, Festsälen, Bibliothek und Schulgarten gebaut.
Wegen Baufälligkeit musste das Haus abgerissen werden