Neviges. . Unter schwierigen Bedingungen haben Arbeiter die Sanierung des Domdaches vorangetrieben. Zeitweise herrschten unter der Schutz-Plane 45 Grad.

„Das ist wunderbar. Ach, wie schön.“ Groß ist die Freude, die Gottfried Böhm (98), Stararchitekt und Erbauer des Mariendoms, empfindet, als er am Telefon die Nachricht hört: Wieder wurde ein wichtiger Schritt bei der Dachsanierung seines Doms erfolgreich beendet. Unter schwersten Bedingungen haben die Arbeiter der Firma Torkret in den letzten Wochen die oberste Pyramide über dem Altar bearbeitet. „Wenn es draußen 37 Grad warm war, hatten wir unter dem Zelt zeitweise locker 45 Grad“, sagt Frank Wiemhoff, Polier bei der Essener Spezialfirma Torkret.

„Diese Geometrie, das ist schon etwas Besonderes“

Der Leiter der Baustelle ist stolz auf seine Männer, das merkt man. Zum einen, weil diese Baustelle „einfach eine besondere Herausforderung ist. Diese Geometrie, das ist schon etwas ganz Besonderes.“ Zum anderen, weil sich in diesen Tagen gezeigt hat, dass die Moral in der Truppe stimmt. „Es war heftig, aber wir haben es durchgezogen. Eben mehr Pausen eingelegt, noch mehr als sonst getrunken, uns mehr abgewechselt.“

Polier Frank Wiemhoff vor jenem Teil des Daches, das bereits fertig ist.
Polier Frank Wiemhoff vor jenem Teil des Daches, das bereits fertig ist. © Alexandra Roth

Dass die Arbeiten trotzdem ab und zu ruhten, war „zwangsbedingt“, wie es der Polier nennt, da die Kompressoren bei diesen Temperaturen zeitweise schlapp machten. „Der Mensch hat durchgehalten, die Maschine hat versagt“, meint Erzdiözesanbaumeister Martin Struck, der an diesem Vormittag aus Köln angereist ist, um sich ein Bild vom Fortschritt der Arbeiten zu machen. Auch er zeigt sich hochzufrieden und zollt den sechs Bauarbeitern Respekt: „Das sind die besten Handwerker, die ich je hatte. Die sind mit Herzblut dabei, das merkt man.“ In einer späteren Bauphase, wenn die Textilarbeiten beginnen, wenn also der kohlefaserverstärkte Spritzbeton in drei Schichten aufgetragen wird, werden mehr als sechs Leute eingesetzt, erläutert Polier Frank Wiemhoff.

Die Altbeschichtung wird weggestrahlt

Viel ist noch zu tun. Insgesamt müssen 2800 Quadratmeter bearbeitet werden.
Viel ist noch zu tun. Insgesamt müssen 2800 Quadratmeter bearbeitet werden. © Alexandra Roth

Was bisher an der obersten Pyramide über dem Altar geschah: Stück für Stück haben die Arbeiter auf einer Fläche von 300 Quadratmetern die hartnäckige Epoxid-Harz-Beschichtung weggestrahlt. Jene Schicht, die in den 80er Jahren nachträglich zur Abdeckung des Daches aufgetragen wurde und die sich nicht nur als völlig ungeeignet erwiesen hat, sondern auch die Ästhetik des Doms stört. „Durch Feuchtstrahlen und Granulat kommt das alles weg. Wir möchten ja die ursprüngliche Betonoberfläche wieder herstellen“, erläutert Polier Wiemhoff diesen wichtigen Arbeitsschritt.

Institut für Bauforschung experimentierte lange

Der Textilbeton, den Experten des Instituts für Bauforschung der Technischen Hochschule Aachen in Zusammenarbeit mit dem Architekten Peter Böhm, Sohn des Domerbauers, in sechs Jahren erforscht haben, muss perfekt halten. Daher werden in der kommenden Woche Risse und Schadstellen bearbeitet, die unter der Epoxid-Hartz-Schicht verborgen waren. „Das dauert etwa eine Woche, bis zum 19. August, nageln Sie mich da nicht fest“, so Polier Wiemhoff.

Der Textilbeton wird von Hand aufgetragen

Etwa zwei Monate nimmt dann das Auftragen des Textilbetons in Anspruch. In die letzte Schicht wird dann per Hand die sogenannte „Schalbrett-Struktur“ eingearbeitet.

Über Verlauf der Arbeiten informiert ab heute auch eine Infotafel, die vor allem für Anwohner nützlich ist und die ständig aktualisiert wird. Sie steht gegenüber der „Glocke“, also direkt auf der Baustelle.

Info-Tafel ist vor allem für die Anwohner nützlich

Je nachdem, was gerade an Material angeliefert wird, ändert sich tageweise auch die Parksituation an der Tönisheider Straße. Die Anwohner ertragen den Lärm, die Arbeiter die Hitze, und das mit bewundernswertem Galgenhumor: „Die Plane da oben ist ja weiß“, meint einer im Vorbeigehen launig. „Warm ist erst, wenn die schwarz wäre.“

<<<SANIERUNG KOSTET SECHS MILLIONEN EURO

Insgesamt werden 2800 Quadratmeter Dach bearbeitet. Start war 2016 mit der Fläche über dem Rosenfenster.

Die Kosten belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro. Das Bistum gab mit zwei Millionen Euro den Löwenanteil, an Zuschüssen flossen bisher 800 000 Euro.