Neviges. . Beim zweiten Stadtspaziergang erinnert Historiker Gerhard Haun daran, wie der Kreuzberg entstand. 14 Stationen erzählen vom Leiden Christi.

Über den Kreuzberg führt die zweite Tour der Stadtspaziergänge mit Historiker Gerhard Haun. Ein malerischer Ort, verwunschen und wunderschön. Fraglich, ob es ihn in dieser Form geben würde, hätte ein Zugfahrer im Juni 1888, wie es geplant war, in Langenberg angehalten. Ob der gute Mann damals träumte oder den Pilgern aus Essen an diesem heißen Sommertag einen Gefallen tun wollte – es bleibe dahingestellt.

Der Bildhauer Toni Stockheim schuf die steinernen Figuren zu den Stationen.
Der Bildhauer Toni Stockheim schuf die steinernen Figuren zu den Stationen. © Uwe Möller

„Klar ist: Die Pilger, die wie immer die letzte Strecke von Langenberg nach Neviges laufen wollten, kamen nun auf einmal direkt in Neviges an“, erzählt Gerhard Haun. Und wussten, so gab es Pfarrer Basilius Pfannenschmidt (1872-1894) zu Protokoll, nicht so recht, was sie mit dem langen Tag anfangen sollten. „Nach der Messe ging dann einer zu dem Pfarrer und fragte, ob er nicht irgendeinen Platz zum Beten und Singen wisse.“

Die Pilger aus Essen waren restlos begeistert

Der Pfarrer überlegte, dann fiel ihm der Weg oberhalb des Berges auf dem Burgfeld ein. Auch Bürgermeister Paulussen gab sein Einverständnis, und so zogen die Pilger samt ihren Fahnen von dannen. Am Ende dieses Junitages, so hinterließ es Pfarrer Pfannenschmidt, waren die Pilger aus Essen restlos begeistert und beschworen ihn, unbedingt einen Kreuzweg mit 14 Stationen einzurichten.

Gräfin von Ansembourg stellt Berg zur Verfügung

Gesagt, getan: Doch erst musste Pfarrer Pfannenschmidt noch Gräfin Leonie von Mechand Ansembourg fragen. Schließlich gehörte ihr das Gelände am Schlüters Berg, das vom Gut Hardenberg aus bewirtschaftet wurde. Die Gräfin stellte den Berg kostenlos zur Verfügung, die Freude des Pfarrers hielt sich indes in Grenzen. So ein steiler Berg, wie sollte das gehen? Die Essener Pilger ließen nicht locker, machten Skizzen, stifteten auch drei Kreuze.

Schwester Maria entdeckte plötzlich drei Kreuze

„Diese Geschichte hat eine der armen Schulschwestern, Maria Ahatia, aufgeschrieben, die damals dort im Klösterchen lebte.“ Gerhard Haun zeigt auf den katholischen Kindergarten und das Café Paß. Schwester Maria Ahatia fielen als erstes die drei Kreuze auf, als sie 1888 nach Hause zurückkehren durfte. Haun: „Während des Kulturkampfes – der Auseinandersetzung zwischen Staat und katholischer Kirche – mussten ja alle Schwestern weg.“

Grotte aus Lavasteinen vom Laacher See

Unter der Leitung von Bruder Alexander Potthast, einem Landschaftgärtner, machten die Franziskaner den steilen Berg begehbar. Entlang der Serpentinen schufen sie 14 Kreuzwegstationen, die in farbig gefassten Terrakotta-Reliefs den Leidensweg Christi nacherzählen. „Jedes Relief steckte in einer aufgemauerten Grotte aus Lavasteinen mit Steinen vom Laacher See“, erläutert Gerhard Haun und steigt die Stufen hoch zur zwölften Station: Drei Kreuze mit lebensgroßen Figuren aus Zinkguss, ausgefüllt mit einer Masse. „Zinkguss rostet nicht, ein großer Vorteil.“

Bildhauer schuf expressionistische Kunstwerke

Die Terrakotta-Reliefs fielen im Zweiten Weltkrieg Luftangriffen zum Opfer, stattdessen hat der Kölner Bildhauer Toni Stockheim von 1949 bis 1955 in Stein gehauene Hochreliefs geschaffen. Sie berühren, weil sie puristisch, aber umso aussagekräftiger sind. Haun: „Stockheim hat sich dabei gesteigert. Mir persönlich gefällt am besten die Station 9. Diese Niedergeschlagenheit, der Sieg des Kreuzes über Christus...“ Der Kreuzberg: ein ganz besonderer Spaziergang.

<<<STADT VERSCHENKTE 1952 DEN BERG

Die Gräfin von Marchand und Amsembourg hatte den Schlütersberg zwar zur Verfügung gestellt, damit ein Kreuzberg errichtet wird. Doch gehörte der Berg stets dem Gut Hardenberg.

Im Jahr 1952 schenkte die Stadt Neviges, die alle Ländereien des Grafen gekauft hatte, das Gelände endgültig den Franziskanern für die Wallfahrt.