Neviges. . Die Sanierung des Domdaches geht weiter: Der zweite Bauabschnitt umfasst die Pyramide, durch die skulpturale Form eine große Herausforderung.
„Diese Baustelle ist einfach irre.“ Als Geschäftsführer der Firma Torkret, die sich deutschlandweit auf die Restaurierung denkmalgeschützter Gebäude spezialisiert hat, ist Diplom-Ingenieur Heinz-Günter Schmidt einiges gewohnt. Doch was seine Leute bei der Sanierung des Domdaches in 38 Meter Höhe leisten, „das ist schon eine Herausforderung“.
Bauleitung informiert Anwohner
Findet auch Philipp Kochnow: „Der Kölner Dom war dagegen nichts. Aber das hier...“ Kochnow hat mit seinen Kollegen einer weiteren Spezialfirma die Pyramide, das Meisterstück des Architekten Gottfried Böhm, verhüllt. Damit möglichst kein Schmutz durch die Gegend fliegt, wenn es in der ersten Ferienwoche ernst wird. Dann beginnen auf rund 800 Quadratmetern die Arbeiten für den zweiten Bauabschnitt. Was das für die Anwohner in unmittelbarer Nähe des Domes bedeutet, erläuterte die Bauleitung zusammen mit Erzdiözesanbaumeister Martin Struck bei einer Informations-Veranstaltung im Pilgersaal.
Arbeiten laufen im Sommer täglich von 7 bis 17.30 Uhr
Die Arbeiten laufen jetzt im Sommer täglich von 7 bis 17.30 Uhr, dabei werden zeitweise noch mehr Parkplätze wegfallen als bisher die drei Dauerparkplätze an der Löher Straße. Bauleiter Lenard Dankesreiter und die vom Erzbistum beauftragte Architektin Luisa Puls fragten die Anwohner, was ihnen lieber wäre: Die Arbeiten zu unterbrechen, somit für Ruhepausen zu sorgen oder aber „durchzuziehen“, wie es Bauleiter Dankesreiter nannte.
„Besser durchziehen, dann haben wir es hinter uns“
„Besser durchziehen, dann haben wir es hinter uns“, meinte eine Anwohnerin. Regelmäßig aktualisierte Tafeln an der Baustelle sollen künftig Auskunft darüber geben, mit welchen Beeinträchtigungen zu rechnen ist. „Wenn der Baucontainer erst steht, werde ich täglich hier sein. Sie können dann auch einfach fragen“, so Bauleiter Lenard Dankesreiter.
Experten-Team forschte lange nach Material
Mindestens bis zum Jahresende wird es dauern, die 800 Quadratmeter hoch über dem Hauptaltar mit kohlefaserverstärktem Spritzbeton zu versehen. Jenem Material, das Experten des Instituts für Bauforschung der Technischen Universität Aachen in sechsjähriger Forschungsarbeit entwickelt haben.
Die ungeeignete Kunststoff-Schicht wird weggestrahlt
Welche Wellen die Dachsanierung schlägt, hörte Heinz-Günter Schmidt erst kürzlich bei einem Fach-Kongress. Gleich zu Anfang wurde der Ort Neviges erwähnt – der Kongress war in Österreich.
Doch bevor seine Männer jenes Material von Hand in zwei Schichten auftragen, muss erst die in den 80er Jahren nachträglich angebrachte Epoxid-Harz-Beschichtung herunter: Jener Kunststoff, der einst das Domdach abdichten sollte. Er stellte sich als ungeeignet heraus und stört zudem die Ästhetik: Architekt Gottfried Böhm hatte seinerzeit das Dach aus einem Guss entworfen, um das Skulpturale besonders zu betonen.
Die Zeltdach-Konstruktion ist eine Herausforderung
„Das Zeug ist hartnäckig, diese Arbeiten sind leider auch laut“, sagt Diplom-Ingenieur Schmidt. Per Sandstrahl wird der Kunststoff entfernt, dabei müssen seine Männer spezielle Schutzanzüge tragen. Das Grundprinzip der dauerhaften Dach-Abdichtung: Die Risse im Beton werden verkleinert auf viele kleinste Haarfugen, die nicht mehr wasserführend sind, so Martin Struck. Und somit ungefährlich. Eine besondere Herausforderung sei auch die Zeltdach-Konstruktion, sagt Schmidt: „Es gibt hier mindestens 40 verschiedene Winkel.“ Eben eine „irre Baustelle“.
<<<KOSTEN: SECHS MILLIONEN EURO
Die Kosten der Sanierung belaufen sich auf rund sechs Millionen Euro. Das Bistum gab mit zwei Millionen Euro den Löwenanteil, an Zuschüssen flossen bisher 800 000 Euro.
Die Sanierungsarbeiten begannen 2016. Der kohlefaserverstärkte Spritzbeton wird in fünf Arbeitsgängen von Hand aufgetragen. Insgesamt werden 2800 Quadratmeter bearbeitet.