Heiligenhaus. . Cäcilie Kompalik aus Heiligenhaus feiert heute ihren 90. Geburtstag. Ihre Augen leuchten, wenn sie über ihr Leben erzählt: „Ich bin glücklich“

„Soll ich die Brille für das Foto auf haben oder absetzen?“, ist die erste Frage, die Cäcilie Kompalik sich stellt, als sie die Kamera erblickt. Heute feiert sie ihren 90. Geburtstag, aber das Alter merkt man der Frau mit den leuchtenden Augen und den selbstgestrickten Stern-Handschuhen kaum an, als sie mit einem Kopf voller Erinnerungen und Geschichten in unsere Redaktion zu Besuch kommt.

Cäcilie kam am 7. Mai 1928 als die jüngste Tochter eines Schmiedemeisters in Tarnau, Schlesien, zur Welt. Ihre Mutter war Hausfrau und kümmerte sich um die insgesamt neun Kinder, von denen schon im frühen Alter zwei verstarben. 1934 wurde sie in die Volksschule eingeschult, begann mit nur zehn Jahren als Kindermädchen in Familien zu arbeiten, in denen die Väter in den Krieg zogen und somit die Frauen das Arbeiten übernahmen. Ihr Elternhaus wurde im Krieg komplett zerstört: „Wir haben damals viel gehungert, Spielzeug hatte ich nicht“, erinnert sie sich, aber lächelt heute über das Glück, Puppen zu besitzen.

„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Cäcilie Kompalik
„Es war Liebe auf den ersten Blick“, sagt Cäcilie Kompalik © Ulrich Bangert

Ein Leben voller Spannung und Freude

In 90 Jahren hat sie viel erlebt, und erzählt gerne von den kleinen und großen Begebenheiten, die ihrem Leben Spannung und Freude verliehen. „Einmal klaute ich der Mutter, auf deren Kinder ich aufpasste, einen wunderschönen Rock, zerschnitt ihn und nähte mir eine Bluse draus. Und dann rannte ich, aber oh, ich war so stolz“, grinst sie in Erinnerung an ihr erstes eigenes Design, dem viele weitere folgen sollten.

Ein anderes Mal brach sie die Regeln, als sie 1954 einen „Deutschen Tanz“ in dem Krankenhaus besuchte, in dem sie damals arbeitete: „Meine Nichte wollte hingehen, und ich kam spontan mit – wir mussten durch ein Fenster klettern, um rein zu kommen!“ Gut, dass sie es gewagt hat, denn an eben diesem Abend sollte sie den Mann kennenlernen, mit dem sie seitdem ihr Leben teilt: Günter Kompalik forderte sie zum Tanz auf und bereits ein Jahr später wurde geheiratet. Sogar ein echtes Wunder habe die Katholikin schon erlebt: „Aber das ist eine ganz andere Geschichte.“

Gemeinsam durch Höhen und Tiefen gegangen

Gemeinsam gingen Cäcilie und Günter, von Beruf Büromaschinenmechaniker, durch Höhen und Tiefen: „So muss das sein, alles zusammen durchstehen und nicht beim Verzanken einfach auswechseln“, betont die Frau mit Lebenserfahrung. Von ihren drei Kindern Dieter, Barbara und Susanne, kamen zwei in Schlesien zur Welt: „Aber als die Kinder anfingen, Polnisch statt Deutsch zu sprechen, wollten wir uns auf den Weg nach Deutschland machen.“

Was folgte war eine Ausschleusung aus Polen, und eine Reihe von Zwischenlagern im Norden des neuen, alten Heimatlandes. Schließlich fanden sie eine langfristige Heimat in Velbert, wo ihr Mann bei Saalmann eine Anstellung in seinem alten Beruf fand und sie selbst putzen ging, um der Familie „Fleischwurst und Kakao“ finanzieren zu können.

Täglicher Besuch im Seniorenzentrum

Günter lebt heute im Seniorenzentrum St. Josef, gegenüber von ihrer Wohnung in Heiligenhaus. Cäcilie geht ihn täglich besuchen, spricht mit viel Liebe von dem Mann der ihr „immer alles schön machen“ wollte. Auto fährt sie nicht, stattdessen witzelt sie über den Besitz eines „Rollator-Führerscheines“, mit dem sie immer noch sehr mobil unterwegs ist.

Die Kinder, Enkel und Urenkel wohnen in ganz Deutschland verteilt, doch Kompaliks freuen sich auf eine Familienfeier am kommenden Freitag. Da können Enkel und Urenkel sicher noch viel lernen von ihrer Oma, die der jüngeren Generation empfiehlt: „Denkt eure eigenen Gedanken, informiert euch gut. Fragt euch: ‚Was würde mir Freude machen‘ – und dann tut genau das“.

Sie selbst ist sehr zufrieden mit der Lebenszeit, auf die sie zurück blickt: „Aus allen ist etwas geworden, und aus mir auch! Ich kann kochen, stricken, Pfefferkuchen machen... und selbst in den Zeiten, in denen ich nichts hatte, habe ich gelernt, aus allem was zu machen. Ich bin glücklich.“