Langenberg. . Die „Neanderland“-Biennale öffnet mit ihren Kunst-Tatorten die Ateliers der Künstler und deren Wege in andere Welten.

Im „Neanderland“ liegt Velbert am nordöstlichen Rand der Landkarte und integriert Einflüsse aus den südlichen Gefilden Westfalens und des Ruhrgebietes um Essen und Bochum. Die im zweijährigen Turnus stattfindenden „Tatorte – offene Ateliers“ sollen die hiesige Kunstszene abbilden. An vier Beispielen von insgesamt 16 teilnehmenden Ateliers allein im Velberter Raum zeigt sich bereits die enorme Gestaltungskraft der bildenden Kunst verbunden mit Kooperations- und Erneuerungswille.

Ateliergemeinschaften, genreübergreifende Programmgestaltungen mit Gastkünstlern, integrative Projekte mit Flüchtlingen, Recycling von Materialien und Eröffnung neuer Räume zeigen auf, wie Kunst die Menschen verbinden kann und neue Wege im Kopf und im Handeln öffnet.

Besucher sind oft Wanderer und Radfahrer

Im Nierenhofer Gemeinschaftsatelier „Schnittstelle“ verbindet Monika Wellnitz und Käthe Wissmann die Arbeit an Holzschnitt, Druck und Papier. Die Besucher an dieser örtlichen Schnittstelle zwischen Essen, Hattingen und Velbert sind oft Wanderer und Radfahrer, welche hier das Quadrat als Ausgangsmodul erleben können. Es wird zu organischen Strukturen gefaltet, gesteckt und verklebt. Veranstaltungsflyer, Luftschlangen, Buchseiten und Kassenrollen verarbeitet Monika Wellnitz in bunte Papierskulpturen, die in ihrer dreidimensionalen Pixelstruktur an Kristalldrusen, Korallenschwämme, Spiralwürmer und Becherlingpilze erinnern. Ihre Sehnsucht nach Leichtigkeit führte sie von der Faltung von Stahl zu dieser außergewöhnlichen Technik des gefalteten Papierrecyclings. Käthe Wissmann gestaltet aus buntem und bedrucktem Papier Wandbilder, die an die Faltung des Himmel-und-Hölle-Spiels erinnern und schafft auch hier eine pixelartige Bildstruktur. Mit der Gastkünstlerin Ingrid Bülow wird eine weitere Interpretation des Quadrats in Acrylbildern präsentiert, in deren Entstehung das Thema Recycling ebenfalls eine entscheidende Rolle spielt.

Von Otto Dix inspirierte Gruppenportraits

Im Velberter Atelier von Michael Weber sucht dieser in expressiv-wilden Portraits und figürlichen Vorlagen nach neuen Wegen sein Inneres in Öl auf Leinwand zu werfen. Bunt, direkt und ungestüm aus dem Impuls heraus. Provokativ flächig, grob, fast wütend und ungemütlich wirken die Potraits, ganz im Gegensatz zu früheren filigranen, floralen Arbeiten, die der Maler in seiner Pariser Zeit herstellte. Die aktuell gezeigten Arbeiten nehmen eher bezug auf seine von Otto Dix inspirierten Gruppenportraits, in der alle Personen mit grellen Kasperleköpfen versehen sind.

Als ausgleichenden Pendelschlag zeigen die digitalen Fotokünstler Sigi Koezle und Willi Oster als Gäste im Vorraum des Kellerraumateliers in der Sternbergstraße ihre streng grafischen Fotobearbeitungen. Weitere Gastkünstler waren am Samstag Lore Loock, Vorsitzende und Mitbegründerin des Extraradio e.V., die in einer Lesung eigener Lyrik die Vielfalt preist. Am Sonntag begleitete die Cellistin Birgitt Saeger die Ausstellung.

Raum an der Hellerstraße mit traumhafter Lage

In der Langenberger Altstadt inszenierte Simona Menzner die kontemplative Einsamkeit in reduziert dargestellten Räumen auf ihre Leinwände. Der Betrachter darf sich in die herausgeschälten Alltagsfiguren hineinfühlen und sich fragen, wo kommt die Figur her, wohin geht sie und mit einer kleinen Horizontverschiebung befindet sich der Betrachter unvermutet im Spannungsfeld von Vision und Wirklichkeit. Durch den Einsatz des Kompositionselement des so genannten „verlorenen Profils“, schon von alten Meistern gepflegt, wo die dargestellte Figur vom Betrachter abgewandt ist, entsteht eine narrative Bildsprache, die weit über die Betrachtung der gekonnten technischen Ausführung der Ölbilder hinausreicht. Der Raum an der Hellerstraße 1 in Langenberg ist zudem in seiner Lage und Atmosphäre traumhaft zur Präsentation dieser Kunst und zum miteinander Philosophieren geeignet.

Interkontinentale Künstlerfreundschaft

Die Künstlergemeinschaft AGIL des Wülfrather Paares Elke Voß-Klingler und Claus Klingler sowie der Mettmannerin Regina Wüstefeld hat am Lappenhof am Eingang zum Windrather Tal ein perfektes Bildhaueratelier in naturnaher Umgebung zur Verfügung, in dem aber auch großformatige Ölbilder vom Weltall und eines Höhleneingangs in Originalgröße entstehen können. Hier sind eine breite Vielfalt von kleinen rundgeschlagenen Steinformen bis hin zu Stelen aus Metall, Stein und Pappmaché zu sehen. Forschende Arbeiten mit Hinterglasmalerei, Leinwände in Öl, die allerdings nur in den Sommermonaten entstehen können, da die Farben bei kalter Witterung sonst in der Tube gefrieren. Die Impulse für ihre Arbeiten schöpfen die Künstler aus dem Moment der Begegnung und so entstanden über das Engagement bei der Flüchtlingshilfe die Gastarbeiten der aus Eritrea stammenden Malerin Eden Tesfamichal und ihres Landmanns Yonas Mehari Temesgen, die während eines Projektes nun zu Freunden wurden.

Das Potenzial von Kunst, ihr positives und konstruktives Wirken für unsere Kultur und die Impulse auf unser Inneres und unser soziales, wirtschaftliches und kommunikatives Miteinander haben diese zwei Tage eindrucksvoll und inspirierend aufgezeigt.