Langenberg. . Der Langenberger Pianist Martin Tchiba verlässt bekannte Wege bei der Entstehung neuer Musik und ihrer Aufführungspraxis.

Die Social Media Plattformen Facebook und Twitter werden täglich millionenfach genutzt und sind bekanntermaßen mit einer Vielzahl von Banalitäten durchsetzt. Dem etwas Positives und Erbauliches entgegenzusetzen ist ein erklärtes Ziel von Martin Tchiba s experimentellen Musikprojekten, welche diese Plattformen auf vielschichtige Art und Weise in den künstlerischen Entstehungs- und Aufführungsprozess mit einbinden. Mit dem Musiker sprach WAZ-Mitarbeiter Thomas Hoeveler.

Wie funktioniert ihr aktuelles Projekt „Netzwellen“?

Im Prinzip war jeder zunächst einmal aufgerufen, innerhalb eines festgelegten Zeitraums eine Komposition für Piano beizusteuern, die ich am 17. Mai 2018 im Rahmen eines live übertragenen Radiokonzertes vom Kulturradio SR 2 des Saarländischen Rundfunks uraufführen werde.

Wer ist diesem Aufruf denn gefolgt?

Außer zahlreichen namhaften Komponisten der Neuen Musik, die von sich aus ein natürliches Interesse an dieser Musikform teilen, sind zu meiner Freude auch Kompositionen zweier Schulklassen und innovative Beiträge von Musikern und Künstlern anderer Genres eingegangen. Es wird 25 Uraufführungen geben.

Bezug auf Tchibas Kompositionen war wichtig

Gibt es irgendeinen gemeinsamen Nenner, ein Konzept für diesen doch sehr breit aufgestellten Aufruf?

Um die Gefahr der Beliebigkeit auszuschließen, sollten alle Beiträge auf eine kurze Komposition von mir Bezug nehmen und die ausschließliche Umsetzung auf der Pianotastatur vorsehen. Es gab im Wesentlichen nur diese zwei Regeln.

Also musste man nicht unbedingt Noten schreiben können?

Nein. Gerade unkonventionelle Notationen, auch inspirierende Texte oder graphische Darstellungen von Klängen und Linien waren da möglich. Ich wollte das musikalische Gespür anregen und bei allen individuellen Eigenheiten ein großes gemeinsames Ganzes erschaffen helfen.

Tchiba selbst sieht sich als Mediator in dem Projekt

Sie sind demnach Initiator und Interpret. Wie würden Sie Ihre Rolle noch beschreiben?

Ich sehe mich auch als Mediator in diesem Projekt. Es verbindet Menschen aus allen Teilen der Welt in einer gemeinsamen Sache. Und das ist auch das Schöne an den Social Media Plattformen, das es hervorzuheben und zu stärken gilt.

Aber damit ist die basisdemokratische Beteiligung noch nicht zu Ende?

Ganz recht. Während des Konzerts am 17. Mai 2018 hat der Radiohörer beispielsweise die Möglichkeit, über das Posten von Adjektiven Einfluss auf eine Klavierimprovisation von mir zu nehmen. Ein direktes Voting via Facebook und Twitter wird das Ende einer Komposition an diesem Abend festlegen und der Düsseldorfer Komponist Norbert Laufer erstellt eine „Instant Composition“, die ich spontan interpretieren werde. Einige dieser Methoden habe ich ursprünglich 2017 für mein Social-Media-Konzert „WIReless“ in der Düsseldorfer Tonhalle entwickelt.

Das hört sich nach einem Abend voller überraschender Herausforderungen an.

Ich liebe es, mich diesen Herausforderungen zu stellen, darin sehe ich meine künstlerische Aufgabe und die einzige Chance auf Innovation.

<<< MARTIN TCHIBA LIVE IM RADIO

Der für seine Brahms-Interpretationen und Programmgestaltungen international gerühmte Pianist aus Langenberg informiert auf www.martin-tchiba.com über seine Projekte und Konzerte.

Das Radiokonzert auf Kulturradio SR 2 wird am Donnerstag, 17. Mai 2018, live übertragen. Weitere Informationen gibt es online auf www.tchiba.com/netzwellen/infos/.