Neviges. . Die Häuser rund um den Kirchplatz haben eine wechselvolle Historie und ihre Bewohner können viele Geschichten erzählen. Brunnen im Keller.

Rund um die evangelische Pfarrkirche sind sie angeordnet: Die denkmalgeschützten Häuser des Kirchplatzes mit den Hausnummern 3 bis 19.

Wenn man aus der Einkaufsstraße kommend den Platz betritt, hält für einen kurzen Moment fast die Zeit an. Es ist plötzlich still und man hört die Vögel zwitschern. Die friedliche Stimmung schätzt Küsterin Birgit Dywicki sehr an ihrem Wohnort. Direkt gegenüber der Kirche lebt sie seit inzwischen über 30 Jahren mit ihrer Familie.

Das zweigeschossige Fachwerkhaus ist in der Mitte des 18. Jahrhundert erbaut worden.
Das zweigeschossige Fachwerkhaus ist in der Mitte des 18. Jahrhundert erbaut worden. © Uwe Möller

Küsterin mag den Platz

„Die Atmosphäre hier ist toll“, erzählt die Küsterin. „Unsere Kinder konnten früher draußen auf dem Platz spielen und ich hatte sie vom Küchenfenster aus im Blick.“ So überrascht es auch nicht, dass für die kommunikative Küsterin die fast ebenerdige Küche ihr Lieblingsraum im zweistöckigen Haus mit der Holzfront ist. „Wir leben hier leidenschaftlich gern“, schließt sie.

Gleich nebenan ragt das zweigeschossige Fachwerk-Giebelhaus auf, das heute als Gemeinde- und Wohnhaus genutzt wird. Der Bruchsteinsockel und die Tür- und Fensteraufteilung sind noch original erhalten. Besonders hervorzuheben sind die kleinteiligen, paarweise angeordneten Fenster, die die Fassade von den umliegenden abhebt. Auf der Rückseite des Hauses ist die Front mit Schiefer verkleidet.

Anfang der 90er Jahre restauriert

1827 wurde das Fachwerkhaus erstmals unter dem Namen „Neue Offering“ urkundlich erwähnt, aber bereits Mitte des 18. Jahrhunderts erbaut – etwa zur gleichen Zeit wie seine Nachbarn auf dem Kirchplatz. Die Bezeichnung „Offering“ verweist auf die damalige Wohnstätte des Küsters im Gebäude, der die „Offer“, also die Opfergaben einsammelte. Über die Jahrhunderte wurde das Fachwerkhaus schon als Gaststätte und Schneiderei genutzt. Seit 1930 ist es nun im Besitz der evangelisch-reformierten Kirchengemeinde, die das gesamte Gebäude Anfang der 90er Jahre restaurierte.

Honigfarbene Eingangstür aus dem Jahr 1735

Eines der größeren Gebäude ist das ehemalige Rathaus am Kirchplatz 3, die honigfarbene Eingangstüre ist noch aus der Bauzeit 1735 erhalten. Das dreigeschossige Schieferhaus ist inzwischen seit 120 Jahren in Besitz der Familie Köller. „Heute gibt es hier drei Wohneinheiten“, erzählt Dorothea Köller. Doch das war nicht immer so: „Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde wegen der Wohnungsnot jedes Zimmer einzeln vermietet. Und auch als mein Mann und ich vor einigen Jahrzehnten hier einzogen, bewohnten wir nur zwei Zimmer. Inzwischen ist es aber eine ganze Etage.“

Seit 88 Jahren im selben Haus

Ihre Schwiegermutter lebt seit inzwischen 88 Jahren in dem Haus und hat damit ihr ganzes Leben am Nevigeser Kirchplatz verbracht. Früher gab es im Keller, wie in vielen alten Häusern, noch einen eigenen Brunnen. Der ist inzwischen jedoch vermauert. „Doch das Kaschöttchen ist noch erhalten“, erklärt Köller. „Dort wurden die Verbrecher früher festgehalten, bevor sie an den Pranger kamen. Der war an der Außenseite des Hauses befestigt.“

Die ringförmige Kirchplatzbebauung im Herzen Neviges steht noch auf mittelalterlichem Grundriss und lädt zum Erforschen ihrer Jahrhunderte alter Geschichten ein.

<<< KIRCHE MIT TEILEN AUS DEM 15. JAHRHUNDERT

Der älteste Teil der evangelische Pfarrkirche, der Chor, stammt n och aus dem 15. Jahrhundert. Das Langhaus wurde Mitte des 18. Jahrhunderts gebaut und ist damit etwa so alt wie die Häuser, die die Kirche umgeben.

Die Saalkirche mit dem hölzernen Tonnengewölbe wird durch den Westturm vervollständigt, der Ende des 17. Jahrhunderts errichtet wurde.