Nicht immer ist ein denkmalgeschütztes Gebäude auffällig – wie das Haus an der Friedrichstraße 99. Hier lohnt ein Blick aus anderer Perspektive.

Wie wird aus einem auf den ersten Blick eher unauffälligen Wohnhaus ein Denkmal?

Neben den bekannten denkmalgeschützten Gebäuden wie dem alten Bürgermeisterhaus in Velbert oder den repräsentativen Villen in Langenberg, gibt es auf den ersten Blick eher unscheinbare Bauten, die in die Denkmalliste eingetragen sind. Doch ein zweiter Blick lohnt sich immer, so auch bei dem Wohnhaus an der Friedrichstraße Nr. 99. Und zwar aus einer ungewöhnlichen Perspektive: Dem Gebäude sollte man sich unbedingt auch von hinten nähern. „Es gilt, die verschiedenen Funktionen des Gebäudes zu beachten. Da verbirgt sich mehr, als man auf den ersten Blick sieht“, erklärt Rainer Helfers von der Velberter Stadtentwicklung.

Haus aus vorindustrieller Zeit

Das zweigeschossigen Wohnhaus mit Satteldach stammt noch aus vorindustriellen Zeiten und wurde um etwa 1800 erbaut. Es wurde als kleinstädtisches Wohnhaus in bergischer Bautradition errichtet und steht seit 1998 unter Denkmalschutz.

Die Wände sind noch aus altem Fachwerk, nach außen hin aber weitgehend mit Schiefer verkleidet. Gerade im ersten Obergeschoss ist viel von der originalen Bauweise erhalten: Die Wohnungstüren zieren beispielsweise handgeschmiedete Beschläge. Auch die Dachgeschosswohnung ist richtig gemütlich, betont Miteigentümerin Marion Strack: „Neben dem Fachwerk mag ich die urige Wohnung mit ihren krummen Türen sehr.“ Ein großer Gewölbekeller mit altem Naturstein-Boden gehört außerdem zum Gebäude.

Anbauten an der Hausrückseite

Doch nun zu der Hausrückseite, zu den Anbauten: Das langgestreckte Gebäude aus Backstein mit Sheddächern ist einer der wenigen erhaltenen Bauten, die die historisch kleinteilige Innenstadtbebauung Velberts zeigen. Heute und schon seit vielen Jahren beherbergt er ein türkisches Café. Doch wie sah die Nutzung früher aus? In der Tradition kleiner Handwerksbetriebe, die sich vom späten Mittelalter bis ins 19. Jahrhundert fortsetzte, waren an viele Wohnhäuser kleine Werkstätten angeschlossen. Im Fall der Friedrichstraße 99 war dies eine Eisengießerei. Daher ist der Denkmalwert der ganzen Anlage auch auf die „baugeschichtliche und städtebauliche Situation bezogen“, heißt es in der Begründung des Planungsausschusses der Stadt.

Schlüsseldienst nutzt das Haus

Über die letzten Jahrhunderte wurden an Wohnhaus und Anbau wiederholt Sanierungen und Umbauten durchgeführt. Bereits in den 1890er Jahren wurde das Erdgeschoss für Verkaufsräume genutzt. Schon damals, wie auch im Jahr 1957, wurden die Schaufenster erneuert. Heute ist hier der Schlüsseldienst Schöps zu finden, der die Verkaufsräume schon seit 40 Jahren mietet.

<<< LETZTE SANIERUNG 2012

Die letzte Sanierung des Fachwerks der Anbauten fand 2012 statt.

So kann das Gebälk auch die nächsten Jahrhunderte überdauern.

Vor dem türkischen Café war die Schraubenfabrik Hemmen­städt bis vor etwa 20 Jahren im Anbau zu finden.