Velbert-Mitte. . Jugendtheater „Stage Junkies“ bringt Lewis Carolls „Alice“ in einer düster-schrägen Interpretation von Stefan Altherr auf die Velberter Bühne.

Das Erstlingswerk des Autors Stefan Altherr entstand auf Anregung seiner Schüler, die im Mathe- und Physiklehrer des Rheinland-pfälzischen Gymnasiums Kusel ganz anderes Potenzial schlummern sahen. Es sollte ein schräges und düsteres Theaterstück werden, welches nun die Velberter Theatergruppe ab 14 Jahre „Stage Junkies“ unter der Regie ihrer Theaterpädagogin Alexandra Bongers in einer unaufgeregten und leichtfüßigen Inszenierung auf die Bühne des Geschwister-Scholl-Gymnasium brachte.

Die Regisseurin, selbst sehr bühnenerfahren, vertraut dabei ganz auf die Dramaturgie des Textes, den Ablauf der Szenen und die Entwicklung der Geschichte. Vor den Szenen las eine Spielerin eine Begebenheit aus dem Original „Alice im Wunderland“ von Lewis Carroll vor, die sich dann in einer parallelen Ebene der psychiatrischen Anstalt wiederfindet.

Hauptrollen sind doppelt besetzt

Die jungen Darsteller beweisen Präzision und Ernsthaftigkeit in der Skizzierung ihrer psychisch defekten Figuren. Nur hin und wieder deuten ein Textstolperer oder ein unterspannter Spielgestus auf eine flache Durchdringung des komplexen Inhalts hin, aber die Spannung bleibt dank der konsequenten Regie und der soliden Spiellaune ihrer Mimen erhalten.

Alice und ihr schizophrener Gegenpart Grinser sind doppelt besetzt und wechseln sich ohne erkennbare Brüche von Szene zu Szene gekonnt und sinnfällig ab. Konfrontiert mit nutzlosem Idealismus und bürokratischem Zynismus der gespaltenen Ärzteschaft und unter dem grausamen Regime der Herzkönigin-Leiterin und dem brutalen Pfleger Herzbube leidend, versucht „das Team Alice“ sich zu orientieren, zu überleben und schließlich zu fliehen. Das erledigen sie in einer erfrischend lakonisch-ironischen Detektivmanier.

Das Timing der Pointen trifft nicht immer ins Schwarze, aber nah genug, um mit Leichtigkeit in die schwerwiegenden Ab- und Hintergründe der gestörten Seelen zu leuchten. Deren emotionale Ausbrüche können die erfahreneren Spieler schon sehr gut umsetzen, ohne dass die Homogenität des Ensembles in Frage steht. Auch Licht und Musik unterstützen immer wieder effektvoll die Atmosphäre. Nach der Pause könnte die Zuspitzung in der Dramaturgie etwas mehr Tempo vertragen. Die Wendung in der Schlusskurve des Stückes bleibt aber überraschend.

Schulbühne bietet ideale Spielstätte

Die Bühne im Geschwister-Scholl-Gymnasium bot für das 17-köpfige Ensemble eine ideale Spielstätte, die dank der Kooperation mit der AliBo Theaterschule und mit Hilfe der Technik-AG einen hervorragend geeigneten Rahmen lieferte. Größe und Akustik des Saals erlaubte den Spielern ohne Druck und Anstrengung auch sehr authentische Differenzierungen von leisen Tönen bei diesem sehr dialogreichen Stück. Tolles Stück, bestens geeigneter Spielort, stimmige Besetzung, solide Inszenierung und Führung der Schauspieler – ein schönes Theatererlebnis.

>>> Kurz vorgestellt: der Lehrer und die Theaterpädagogin

  • Lehrer und Autor Stefan Altherr, Jahrgang 75, schreibt gerade an seinem nächsten Stück und strebt eine Weiterbildung zur Erlangung der Lehrerlaubnis für das Fach Darstellendes Spiel an.
  • Theaterpädagogin Alexandra Bongers leitet die AliBo Theaterschule ( 0171/ 147 29 10). Mehr Infos unter alibongers.de