. Velberter Ehrenamtler in Sachen Bodendenkmalpflege recherchieren zu einem Relikt aus dem II. Weltkrieg. Sklaven schufteten rund um die Uhr.

  • Velberter Ehrenamtler in Sachen Bodendenkmalpflege recherchieren zu einem Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg
  • Sklavenarbeiter schufteten 1944/45 für Luftschutzstollen in Schwerstarbeit rund um die Uhr im Drei-Schicht-Betrieb
  • Nach Kriegsende wurden einige Teile des Stollens verfüllt; an Legenden und Gerüchten herrscht kein Mangel

Vor einigen Jahren haben die ehrenamtlichen Mitarbeiter des LVR-Amtes für Bodendenkmalpflege das Velberter Scheindorf vor dem Vergessenwerden bewahrt und es wieder gehörig ins Bewusstsein gerückt. Und jetzt hat die gleiche Kombo schon wieder etwas neues Altes ausgegraben. Ein weiteres Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg. Womit bewiesen wäre: An den Gerüchten über ein System von Luftschutzstollen, das sich vom Offerbusch bis zur Talstraße erstreckt haben soll, ist tatsächlich was dran.

Vom Hohenzollernplatz bis zur Talstraße

2013 sei man in einem Internetforum auf einen Hinweis auf einen zugemauerten Gang unter einer Gießerei gestoßen, erzählt Josef Niedworok. Sodann begann – vielfach natürlich auch im Stadtarchiv – die Wühlerei und förderte so manches zu Tage. Etwa aus einem Nachlass Pläne vom Tiefbauamt der Stadt Velbert (als Auftraggeber) mit einer beeindruckenden Treppe. Die war allerdings für kein Hochhaus gedacht, sondern sollte in einem Schacht 15 bis 18 Meter in die Tiefe führen. Dort verlief – bombensicher – der Velberter Stadtstollen, zu dessen Abschnitt vom Platz an der Hohenzollernstraße, entlang des Friedenswegs (damals Horst-Wessel-Straße) und unter der Eisenbahn (heute Panoramaradweg) durch bis zu den Gießereien an der Talstraße die Forscher jetzt Unterlagen haben. Man hat mit Zeitzeugen gesprochen. Da sind alte Bebauungspläne mit geheimnisvollen gestrichelten Linien, es gibt historische Fotos – und darüberhinaus selbstverständlich auch nicht zu knapp Gerüchte und Legenden. Bis zum Baldeneysee soll ein Stollen gereicht haben. Oder wahlweise auch vom Offerbusch bis zum Hohenzollernplatz.

Ende 1944 waren 400 Meter fertig

Die Bodendenkmal-Freunde haben als ausführende Firma „Verusschacht“ (Essen) recherchiert. Sie haben herausgefunden, dass der Stollen 1944/45 rund um die Uhr in drei Schichten vorangetrieben worden ist. Genauer gesagt: Arbeiter, die man von örtlichen Firmen „ausgeliehen“ hatte. „Also Sklavenarbeiter“, sagt Niedworok. Ergänzend dazu zeigt Jürgen Lohbeck einen Arbeitsschein und erzählt, dass es „mindestens“ 33 russische, fünf italienische und acht französische Kriegsgefangene bzw. Zwangsarbeiter gewesen seien.

Abzweige zu verschiedenen Betrieben

Laut Statusbericht waren im Dezember 1944 gut 400 Meter plus diverse Verteilungen ausgebaut. Der Stollen hatte Abzweige zu ansässigen Betrieben und zur Villa Berninghaus. Die Gießerei August Engels habe über ein eigenes Stollensystem verfügt, berichtet Bernd Rasche; für praktisch jede „kriegsdienliche“ Firma sei damals Ähnliches vorgesehen gewesen. Das Vorhaben blieb unvollendet; und ob es für die Belegschaften oder die Zivilbevölkerung gedacht war, ist Niedworok zufolge „völlig offen“.

Weitere Zeitzeugenberichte gesucht

Umso mehr sind die Ehrenamtler an weiterer Aufklärung und weiteren Erkenntnissen interessiert. Sie möchten das System gerne komplett dokumentieren, freuen sich auf Hinweise, Fotos, Unterlagen und Zeitzeugenberichte. Übrigens auf Wunsch auch anonymisiert. Kontakt per E-Mail an stadtstollen-v@gmx.de. und bei Jürgen Lohbeck unter (02052)928440 (mo bis fr von 17.30 bis 19 Uhr oder am Wochenende)