Neviges. . Die Schülerinnen und Schüler der ev. Grundschule verwandeln einen öden Bauzaun in eine bunte Kunstmeile - und das an einer spannenden Baustelle.
Finn ist schlau und hat vorgesorgt: „Die Schuhe sind oll, da kann ruhig Farbe drauf. Und den hier gibt’s bei Kodi für’n Euro.“ Dabei zippelt er an seinem Maler-Anzug, der ihn samt Kapuze umhüllt. Finn geht in die Klasse 4c der evangelischen Grundschule an der Ansembourgallee und ist einer von 21 kleinen Künstlern, die einen öden Bauzaun zur Pop-Art-Meile verwandeln.
Kunstlehrerin Sarah Ullrich hat ihren Schützlingen viel über den amerikanischen Künstler Keith Haring erzählt, über sein Leben, Wirken, seine Technik. Doch grau ist alle Theorie, jetzt werden sie selbst zu kleinen Harings, und das an der größten und Aufsehen erregensten Baustelle in Neviges, nämlich am alten Rathaus und der alten Post.
„Mega-cool, dass wir das hier machen dürfen“
„Ich hab mir gedacht: So ein Zaun ist doch ziemlich trist, auch für die Anwohner. Da müsste man doch etwas machen“, erzählt Bauleiter Oliver Wolff, Initiator der Aktion. Er klopfte bei der evangelischen Grundschule an, die Kunstlehrerin war begeistert. Die Materialien wie Lack, Pinsel und Rollen spendierte André Grimmert, Investor des Großprojektes. Für Carla ist der Fall klar: „Mega-cool, dass wir das dürfen.“
Carla geht nach den Ferien auf ein Gymnasium in Wuppertal. „Aber immer, wenn ich meine Tante hier besuche, kann ich mir das angucken.“ Ihre Freundin Miriam nickt, während sie vorsichtig einen Arm ausmalt. Wie praktisch, dass es bei Haring keine Finger und auch Ohren gibt, da muss man nicht ganz so doll aufpassen. „Ja, das bleibt ja ein paar Jahre.“
Schüler stehen für das Projekt selbst Modell
Ganz so schwarz sollte man die Bauplanung nicht sehen, beruhigt Bauleiter Wolff: „Ich denke, der Zaun steht zwei Jahre. Wir sind gut im Plan, die Statik für das Rathaus ist fertig, muss aber noch geprüft werden.“ Auch Statikerin Carola Heiermann hilft beim Öffnen von Farbdosen, gibt Ratschläge und ist am Ende hin und weg, was das Ergebnis betrifft: „Einfach toll, da hat man Lust mitzumachen.“
Tolle Farben sind ja schön und gut, aber erstmal muss die Kontur stimmen, finden Lea und Cheyenne. Lea lehnt sich als Modell mit weit ausgebreiteten Armen an den Zaun, Cheyenne zeichnet gewissenhaft mit dem Bleistift um Arme und Beine. Später lautet dann das Motto: Bloß nicht klecksen! Ein prima eingespieltes Team sind auch auch Tom, Lars und Tom Finn, und Leo warnt seinen Partner: „Pass auf, mit deinem Knie bist du gleich in der Farbe.“
Auch Passanten gefällt das Kunstwerk
Dass Ungeduld ein schlechter Ratgeber ist, erfährt Finn, der sich inzwischen aus seinem Profi-Maleranzug herausgeschält hat. „Au Mann, das Schwarze läuft ins Rote rein“, jammert er, den tropfenden Pinsel in der Hand. Lehrerin Sarah Ullrich: „Das muss erst trocknen, du must jetzt ein bisschen warten.“
Die Kunst am Bauzaun begeistert auch Maria Weidling, die gerade mit ihrer Einkaufstasche die Tönisheider Straße hochgeht: „Toll, nicht einfach so drauf gekritzelt. Nee, die sind richtig schön, die bunten Männekes.“
Sanierung im Dialog mit der Denkmalbehörde
Das ehemalige Postgebäude an der Wilhelmstraße hat André Grimmert, geschäftsführender Gesellschafter der Baufirma „crone gmbh“, bereits 1996 erworben. Im Dezember 2013 kaufte er das angrenzende 1897 erbaute alte Rathaus.
Im Gegensatz zur Post steht das alte Rathaus unter Denkmalschutz, so dass die behutsame Sanierung im ständigen Dialog mit der Denkmalschutzbehörde geschieht. Im „Wohnpark am alten Rathaus“ sollen sich Generationen wohl fühlen: 16 Mietwohnungen in einer Größe zwischen 30 und 100 Quadratmetern sind im alten Rathaus geplant, in der früheren Post auch altengerechte, barrierefreie Wohnungen. Ein gläserner Aufzug soll die Gebäude verbinden.
Neben dem rot verklinkerten Rathaus entsteht im rechten Winkel ein bewusst modern gehaltener, puristischer Neubau aus weißem Beton, hinter dem Rathaus ist zudem ein „Boardinghaus“ mit zwölf Appartements geplant: Sie sollen an Firmen vermietet werden, deren Angestellte hier zeitweise wohnen.