Velbert. . Gerhard Gölz und Jürgen Wiesemöller haben vor 50 Jahren beim Automobilzulieferer Witte angefangen. Seitdem hat sich dort sehr viel verändert.
- Senior-Chef Gerhard Gölz und Jürgen Wiesemöller haben vor 50 Jahren bei Witte angefangen
- Sie schildern, was sich alles in den vergangenen Jahrzehnten bei dem Automobilzulieferer geändert hat
- Der jetzige Firmenchef Rainer Gölz gibt einen Ausblick zur Zukunft – etwa zu selbstfahrenden Autos
Als Gerhard Gölz vor 50 Jahren die Leitung beim Velberter Automobilzulieferer Witte übernahm, da muteten die Geschäftserlöse aus heutiger Sicht bescheiden an – wie der frühere Witte-Chef sich erinnert: „1969 haben wir einen monatlichen Umsatz von 1,25 Millionen Mark erzielt.“ 1980 sei dieser dann auf 1,5 Millionen Mark angestiegen. „Da sagte der Leiter unserer Arbeitsvorbereitung zu mir: ,Mehr geht nicht“. Doch der gute Mann sollte sich ein wenig täuschen.
Umsatz ist explodiert
So machte das Familienunternehmen 2016 einen monatlichen Umsatz von im Schnitt fast 50 Millionen Euro – was knapp 100 Millionen Mark entspräche. Das ist aber nicht das einzige, was sich bei Witte in den vergangenen Jahrzehnten schwer geändert hat.
Wenn Gerhard Gölz mit Jürgen Wiesemöller zusammensitzt, werden die alten Zeiten wieder wach. Denn Wiesemöller fing einen Monat früher bei Witte an als der heutige Senior-Chef, der die Geschäftsleitung Ende 2002 an Sohn Rainer abgegeben hat – aber immer noch ab und an bei Witte vorbeischaut. Und wenn ein Jahrhundert Unternehmenserfahrung beieinander ist, kommen viele Erinnerungen hoch.
20-mal mehr Tür-Außengriffe seit den 50er Jahren
Was Gerhard Gölz heute vor allem beeindruckt, ist der technologische Wandel: „Es ist faszinierend zu sehen, wie sich alles weiterentwickelt hat. 1967, da kam die Liefereinteilung noch mit der Post.“ Produziert wurden damals vor allem mechanische Schlösser wie Deckelschlossoberteile, Heckschlösser oder Türgriffe mit Schließzylindern. Doch die Palette war noch breiter gestreut: „Wir haben zu der Zeit sogar Kühlschrankgriffe, Böckchen zum Spannen von Trommel-Fellen oder Gehäuse für Krankenstühle mit elektrischer Schaltung hergestellt“, sagt Wiesemöller (66), der es nach seiner Lehre bei Witte bis zum Leiter der Vertriebsadministration geschafft hatte. Auch nach seiner Pensionierung 2013 blieb er dem Unternehmen in Teilzeit treu. Dafür wurde er unter anderem von der IHK für 50-jährige Betriebszugehörigkeit geehrt.
Angefangen hat alles mit Koffer- und Reiseschlössern
Als das Familienunternehmen 1899 gegründet wurde, ging es aber zunächst mit Koffer- und Reiseschlössern los. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam etwas Fachfremdes hinzu. „Da haben wir emaillierte Kochtöpfe hergestellt“, so Gerhard Gölz. Der Schlüssel zum Erfolg waren aber Schließvorrichtungen – und auch Außengriffe für Autotüren. Zum Vergleich: Ende der 50er Jahre produzierte Witte pro Jahr eine Million unlackierte Auto-Türgriffe, Ende 2018 werden es 20 Millionen lackierte Griffe sein, nicht nur für den Hauptkunden VW.
Doch nicht nur das Material hat sich verändert, wie Gerhard Gölz weiter ausführt: „Heute soll ein Schloss nicht mehr klicken, sondern ,blubb’ machen. Der Griff und die lackierten Kunststoffteile sollen sich wertig anmutend anfühlen, wie es so schön heißt, denn sie sind der erste Kontakt mit dem Auto.“
Nur eine Sache wünscht sich der 78-Jährige zurück: die D-Mark – aber nicht aus nostalgischen Gründen. Denn: „2016 haben wir einen Jahresumsatz von 595 Millionen Euro gemacht – in D-Mark hätten wir damit die Milliardengrenze geknackt“, sagt Gölz und lacht.
Selbstfahrsysteme für Autos werden wichtiger
Wie Gegenwart und Zukunft von Witte aussehen, erläutert der jetzige Firmenchef Rainer Gölz (47). „Früher haben wir Komponenten hergestellt, nun produzieren wir zunehmend ganze Systeme wie Tür- oder Heckklappensysteme.“ Im Kommen seien auch Frontklappensysteme, damit sich die Motorhaube problemlos ohne lange Suche nach dem Hebel öffnen lasse. Zudem sei immer mehr der Ingenieur-Sachverstand des Unternehmens gefragt. Gölz: „Die Kunden machen uns Vorgaben und wir entwickeln die Bauteile.“
Auch arbeite Witte erfolgreich an Fußgängerschutzsystemen: Dabei erkennt die Sensorik einen Menschen vor dem Auto – dann geht die Fahrzeugfront leicht nach oben, was den Aufprall abschwächt. Für die Zukunft würden auch Selbstfahrsysteme für Fahrzeuge immer wichtiger für Witte. „Diese werden schon im kommenden Jahrzehnt Serienreife erlangen“, so der Wirtschaftsingenieur. Auch gewinne der Digitalbereich an Bedeutung – dabei könne man Autosysteme oder Fahrzeugdaten per Handy steuern oder abrufen.