Velbert. . Für Kinder, die eine OGS besuchen, gilt offiziell eine Anwesenheitspflicht. In der Praxis geben sich Einrichtungen oft deutlich flexibler.
- Nach Verordnung der NRW-Regierung sollen OGS-Kinder immer bis 15 Uhr in der Betreuung bleiben
- Eltern protestieren gegen die Regelung, sie wollen ihre Kinder flexibel abholen können
- OGS-Leiterin berichtet, Anwesenheitslisten seien noch nie kontrolliert worden
Für Alleinerziehende oder Familien, in denen beide Elternteile im Berufsleben stehen, sind Offene Ganztagsschulen (OGS) eine willkommene Hilfe. Allerdings gilt für diese Einrichtungen offiziell eine Anwesenheitspflicht. Ein entsprechender Erlass der Landesregierung schreibt vor, dass Kinder, die eine OGS besuchen, auch an fünf Nachmittagen die Betreuung bis mindestens 15 Uhr wahrnehmen sollen. Ansonsten droht der komplette Ausschluss.
Im Internet haben empörte Eltern eine Petition gestartet, die sich an NRW-Bildungsministerin Sylvia Löhrmann richtet und eine familienfreundlichere OGS in Nordrhein-Westfalen fordert.
Keine Kontrolle
Auch von der Stadtverwaltung Velbert gebe es eine entsprechende Anweisung an die Einrichtungen, wie die Leiterin einer Offenen Ganztagsschule in Velbert preisgibt: „Ich bin offiziell verpflichtet, die Kinder bis 15 Uhr hier zu behalten“, erklärt die Frau, deren Name dieser Redaktion bekannt ist.
Die Realität ist eine andere: Denn die vorgeschriebenen Anwesenheitslisten seien in den vergangenen 15 Jahren kein einziges Mal kontrolliert worden. „Von der Stadt habe ich hier noch niemanden gesehen. Allerdings gibt es auch keine Wartelisten, die den Kontrolldruck notwendig machen würden“, gewährt die Betreuerin Einblick.
Doch in der Vergangenheit gab es bereits Rückzahlungsforderungen an Kommunen, weil geförderte Schüler nicht täglich die OGS besuchten. Das Land NRW hatte dabei nicht nur auf die Bildungsarbeit der Einrichtungen verwiesen, sondern auch argumentiert, dass angemeldete Kinder, die das Angebot nicht voll in Anspruch nehmen, an anderer Stelle benötigte Plätze blockieren würden.
Nicht als Bittsteller auftreten
Für die Velberter OGS-Leiterin ist Flexibilität dagegen wichtig: „Natürlich sage ich den Eltern, dass sie ihre Kinder möglichst nicht vor 14.30 Uhr abholen sollen, was erfahrungsgemäß auch nur selten vorkommt. Aber wenn die Möglichkeit besteht, dass Eltern an freien Nachmittagen mit ihren Kindern gemeinsam zuhause Plätzchen backen oder draußen spielen, dann ist das wesentlich sinnvoller, als auf die Anwesenheit in der OGS zu pochen. Die Familie kommt an erster Stelle.“
Es sei zudem auch schon vorgekommen, dass Eltern von Seiten der Einrichtung aufgefordert wurden, ihre Kinder früher abzuholen, um Zeit mit ihnen zu verbringen. „Manche ruhen sich auf der Arbeit der OGS aus. Dabei kann nichts die Elternarbeit ersetzen.“
Gegen Prinzipien-Reiterei
Sandra Böhm, Schulpflegschaftsvorsitzende von der evangelischen Grundschule Neviges, sind keine tiefgreifenderen Probleme bekannt: „An unserer Schule ist die Diakonie der Trägerverein. Die Kinder bleiben sogar gerne bis 16 Uhr, weil es immer tolle Aktionen gibt. Ich verstehe den Sinn der Petition nicht ganz, da Eltern ja auch viel Geld zahlen, damit ihre Kinder vernünftig betreut werden.“ Zudem seien Kompromisse laut Böhm immer möglich: „Wenn es mal Termine gibt, dann wird das im Vorfeld einfach angemeldet.“
Den Initiatoren der Petition scheint es vor allem darum zu gehen, in der Offenen Ganztagsschule nicht als Bittsteller auftreten zu müssen, sondern ihre Kinder bei Bedarf auch legal früher abholen zu dürfen. Eine Forderung, die auch die OGS-Leiterin aus Velbert unterstützt: „Diese Prinzipien-Reiterei nutzt keinem und schadet vielen. Eine Lockerung des Gesetztes wäre sinnvoll.“