Velbert. Heute verlassen mehr Bürger Velbert für den Job als dass Beschäftigte einreisen. Im Kreis haben nur Ratingen und Langenfeld Einpendler-Überschuss.

  • Von 2013 auf 2015 gab es laut Pendleratlas NRW jeweils 500 Einpendler und 500 Auspendler mehr in Velbert
  • Einwohnerzahl in Velbert sinkt tagsüber um rund zwei Prozent – in Düsseldorf ist es tagsüber ein Viertel mehr
  • Fachkräftebedarf der heimischen Industrie kann offenbar nicht aus der eigenen Bevölkerung gedeckt werden

Es gibt Städte, die füllen sich tagsüber, und andere, die leeren sich. Der Grund sind Berufspendler. Velbert hat viele Jahre immer einen Einpendler-Überschuss gehabt, das hat sich nun geändert.

Fotos aus den 1950ern zeigen, wie Arbeiter zum Teil aus Erkenschwick, Gladbeck oder Castrop-Rauxel in Busladungen in der Schloss- und Beschläge-Stadt ankamen. Die Busfahrt sei ihnen damals sogar als Arbeitszeit angerechnet worden, sagt Stadtarchivar Christoph Schotten. „Das alles dokumentiert, wie groß das Interesse war, Arbeitskräfte zu bekommen.“ Zur Firma Huf kamen noch Mitte der 2000er Jahre Shuttle-Busse aus dem nördlichen Ruhrgebiet.

Mehr Beschäftigte

Einpendlerstadt ist Velbert allerdings schon seit einigen Jahren nicht mehr. Während Düsseldorf tagsüber ein Viertel mehr Bevölkerung als nachts hat, hat Velbert am Tag zwei Prozent weniger Menschen als die 80731, die eigentlich hier gemeldet sind. So steht es im aktuellen Pendleratlas NRW. Laut dessen Zahlen, die bis 2015 reichen, sind die Velberter ebenso wie die restliche arbeitende NRW-Bevölkerung noch mobiler geworden. Konkret bedeutet das: Von 2013 auf 2015 gab es jeweils 500 Einpendler und 500 Auspendler mehr.

Woran liegt das? Die Beschäftigung ist nach den jüngsten Zahlen der Bundesagentur für Arbeit auf einem Höchststand, die Arbeitslosigkeit aktuell bei lediglich 6,2 Prozent im Kreis. So wohnten in Velbert 2015 insgesamt 3,7 Prozent mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte als 2013. Die Zahl derjenigen, die sozialversicherungspflichtig in Velbert arbeiten, stieg dagegen nur um 2,3 Prozent. Die größten Pendlerströme unterhält Velbert mit Wuppertal, Essen und Heiligenhaus. Düsseldorf folgt erst auf Platz vier.

Mobiles Leben

In Verbindung mit den höheren Auspendlerzahlen könne man schließen, „dass zwar viele Velberter eine Tätigkeit aufgenommen haben – aber eben nicht unbedingt in Velbert“, erklärt Regina Wallau von der Bundesagentur. Die Beschäftigungs-Steigerung in Velbert hingegen scheine zu einem größeren Teil durch Arbeitskräfte von anderswo verursacht zu sein. Es sehe so aus, als ob „der Fachkräftebedarf der Velberter Firmen nicht durch die Velberter selbst gedeckt werden konnte“. Von den Städten im Kreis Mettmann etwa haben nur Ratingen und Langenfeld einen Einpendler-Überschuss. Und an Düsseldorf reicht sowieso keine NRW-Stadt heran.

Andererseits ist die Pendelei auch eine völlig natürlich Begleiterscheinung von mehr Beschäftigung und eines mobileren Lebens. „Die Region wird heute als eine große Stadt wahrgenommen“, sagt die Sprecherin von Huf, Ute Hoppe, über das Einzugsgebiet ihrer Firma. Seit 1950 hat sich die Zahl der Pendler in und um Velbert mehr als verdreifacht.

Viele Vorteile für die Kommunen

Pendeln habe auch Vorteile für die beiden beteiligten Kommunen, fasst Gerd Helmut Diestler die Forschung zum Thema zusammen. Seine Industrie- und Handelskammer zu Düsseldorf hat die Pendlerzahlen zuletzt Mitte 2016 untersucht. Zwar will jede Stadt einen Einpendler-Saldo haben. Die Arbeitnehmer bringen ja Geld in die Stadt und beweisen durch ihre Zahl deren Attraktivität. Aber Auspendler-Kommunen profitierten ebenfalls, so Diestler. Ihre Einwohner hätten bei weiten Anfahrwegen bessere Chancen auf ein höheres Einkommen. Überhaupt berge das Mehr an Stadtgrenzen-überschreitendem Arbeiten die Chance, dass sich Branchen an bestimmten Orten verdichten und spezialisierte Standorte bilden.

Das sieht man etwa an der Firma Huf, deren Mitarbeiter auch aus Köln, Wuppertal und diversen Ruhrgebietsstädten kommen. Oder an der Konzentration metallverarbeitender Firmen, die Niederberg so lange so viel Arbeit und Wohlstand bescherten.