Neviges. Die angekündigte Schließung der Rossmann-Filiale in Neviges bestürzt viele ältere Kunden. Sie scheuen die Busfahrt zum nächsten Drogeriemarkt.

  • Der Drogeriemarkt Rossmann zieht sich aus Neviges zurück. Unternehmen hat Mietvertrag nicht verlängert
  • Unternehmen nennt als Grund zu kleine Räumlichkeiten. Laden sei nicht mehr zeitgemäß
  • Ältere Kunden bedauern Schließung. Der nächste Drogeriemarkt ist für viele nicht zu Fuß zu erreichen

„Ich weiß noch nicht, was ich mache, wenn hier Schluss ist. Die Flasche für meinen Wasser-Max hab ich schon mal auf Vorrat gekauft.“ Karin Ertel (77) zeigt auf die vollgepackte Tasche ihres Gehwagens.. Am 27. Januar gehen im Drogeriemarkt Rossmann in der Fußgängerzone die Lichter aus, was die Seniorin gar nicht verstehen kann: „Das war doch so schön hier, und die Angestellten kennt man jahrelang.“ Aus Sicht des Unternehmens ist der Laden in der City-Passage mit 360 Quadratmetern vor allem eines: zu klein, wie eine Presse-Referentin erklärt.

Rossmann hat Mietvertrag nicht verlängert

Im Durchschnitt sei eine Rossmann-Filiale etwa 750 Quadratmeter groß. Der Mietvertrag laufe im Februar 2017 aus. Aufgrund der geringen Verkaufsfläche, in der man das aktuelle Rossmann-Sortiment nicht im entsprechenden Rahmen anbieten könne, habe das Unternehmen den Vertrag nicht verlängert.

Damit gibt es in Neviges-Mitte keinen Drogeriemarkt mehr. „Das ist vor allem für die älteren Leute ein Problem“, fürchtet Dieter Lusebrink. „Ich hab hier immer mein Rasierzeug gekauft, aber ich kann auch mal eben zum Rosenhügel fahren, da ist ja ein großer DM.“

Viele Kunden scheuen Busfahrt zum Rosenhügel

In den Bus zu steigen und beim Mitbewerber DM einzukaufen, das ist für Rossmann-Stammkundin Elisabeth Engelhardt (85) keine Alternative: „Das kann ich nicht, da werde ich wohl mal mit meinem Sohn sprechen, dass er das erledigt.“

In dem Laden in der Passage an der Elberfelder Straße fühlte sie sich immer wohl: „Die waren so zuvorkommend, so gut sortiert, ja, das ist ganz, ganz schade.“

Lob für gutes Sortiment und fachkundige Beratung

Klare Worte für die Schließung findet Ursula Schulz: „Ich weiß nicht, was in dem Kaff hier los ist. Jeder zweite Laden ist dicht und keiner macht was.“ Zweimal in der Woche schnappt sie sich ihre 86-jährige Tante Annemarie für einen kleinen Einkaufsbummel durch Neviges. „Wir gehen dann auch bei Rossmann vorbei, hier ist alles super, man weiß, wo man was findet.“ Annemarie Ocipinski, die sich bei ihrer Nichte untergehakt hat, nickt. „Ich komme ja sonst nicht mehr raus.“ Die beiden gehen dann auch „mal ein Käffchen trinken, das ist immer nett,“ erzählt die Nichte – die jetzt wohl weniger ins Herz von Neviges kommen wird.

Geschäftsleute bedauern Schließung

„So eine Schließung ist für uns alle schlecht“, kommentiert Muttalip Avci, Inhaber des kleinen Eck-Cafés „Monsieur M“. Kerstin Schönfelder, Filialleiterin des Kaufhauses Gassmann, kann auch nur bedauern, dass „Neviges jetzt keinen Drogeriemarkt mehr hat.“ Denn wer zu Rossmann gehe, schaue vielleicht auch noch in den einen oder anderen Laden. „Ein dicker Schlag für Neviges“, meint Helmut Wulfhorst, zweiter Vorsitzender der Werbegemeinschaft Neviges. „Machen wir uns nichts vor, der Satellit am Rosenhügel hat uns hier in Neviges schon Kunden gekostet.“

Da bestünde bei Edith Metschukat keine Gefahr, obwohl sie sogar im Siepen wohnt. „Ich weiß noch nicht, wo ich jetzt hingehe, ich habe da so gerne gekauft.“

Und ihre Bekannte Erika Haberlinski sprang bisher immer gern bei Rossmann herein, weil es schön nah war: „Mein Mann sitzt im Rollstuhl, ich komme ja nicht weg.“

Mitarbeiter werden in andere Filialen versetzt

Derweil herrscht bei Rossmann geschäftiges Treiben, die Filialleiterin an der Kasse hat keine Langeweile. Zu der Schließung, von der sechs Mitarbeiterinnen betroffen sind, möchte sie nichts sagen, auch nicht ihren Namen in der Zeitung lesen. Nur soviel: „Wir kommen alle in andere Filialen, das ist beruhigend. Ja, wir wurden alle zum Guten verteilt.“ Noch etwas möchte sie loswerden: „Unsere Kunden werden wir sehr vermissen.“

Was auf Gegenseitigkeit beruht. „Wir wohnen im Siepen, da ist ja auch ein Drogeriemarkt“, meint Ruth Bussmann und holt sich einen Einkaufswagen. „Die beraten gut, da kann man nichts sagen. Aber das hier, das ist was anderes, das ist ein Stück Heimat.“

>>> UNTERNEHMEN WILL 2017 EXPANDIEREN

Rossmann betreibt zurzeit bundesweit 2055 Filialen. Das Unternehmen hat für 2017 die Eröffnung von insgesamt 250 Filialen geplant, davon 110 in Deutschland.

Im Geschäftsjahr 2016 wurde in Deutschland ein Umsatzplus von 5,4 Prozent auf 6,1 Milliarden Euro erzielt. Rossmann ist hinter Marktführer DM die Nummer zwei in der Branche.