Der Bürgerverein Tönisheide hatte Vertreter der Firma Ashland, der Polizei, des Kreisgesundheitsamtes und der Feuerwehr zu einer Diskussion eingeladen

WAZ-THEMA AUFARBEITUNG DES CHEMIEUNFALLS IN WÜLFRATHMit Zusagen und Versprechungen geben sich die Tönisheider nicht zufrieden. Nachdem sie während einer Versammlung des Bürgervereins den Chemieunfall vom 25. August im Wülfrather Ashland-Werk mit Vertretern des Unternehmens, der Stadtverwaltung, des Kreisgesundheitsamtes, der Feuerwehr und der Polizei in dieser Woche aufgearbeitet hatten, möchten sie nunmehr auch wissen, was aus den Ankündigungen wird. "Bis zur Hauptversammlung im März", kündigte die Vorsitzende Monika Hülsiepen an, "werden wir Punkt für Punkt weiter verfolgen und über die Umsetzung berichten".

Unter anderem geht es um eine Optimierung des Informationswesens nach einem Störfall. Die Feuerwehr sagte zu, künftig Schulen und Kindergärten direkt mit eigenen Fahrzeugen anzufahren und einen ihrer Vertreter vor Ort zu belassen, der Anleitungen zum richtigen Verhalten gibt. Weiter wurde von den Bürgern gefordert, verstärkt mit E-mails zu arbeiten. Auch von Ashland kam die Zusage "die Bürger künftig noch schneller" zu warnen. Gleichzeitig wurde zum 12. Oktober zu einem "Tag der offenen Tür" in Wülfrath-Kocherscheidt eingeladen. Bei der Nachbetrachtung des Unfalls kamen zwar viele Fakten auf den Tisch, doch bei den Bürgern blieb eine gewisse Skepsis: "Irgend etwas stimmt da nicht", formulierte es ein Zuhörer. Das begann schon mit den Aussagen zum Eintreten des Störfalls. Während Ashland-Werkleiter Michael Mack von 10.46 Uhr sprach, waren andere Teilnehmer der Runde der Überzeugung, dass es "schon um halb elf herum komisch gerochen hat". Schließlich wurde Kritik daran laut, dass die Bürger erst eineinhalb bis zwei Stunden später gewarnt worden seien.

Ausgelöst wurde der Unfall durch das Brechen einer Berstscheibe bei 5,5 bar, so Mack. Warum? Darüber solle ein Gutachten Auskunft geben, das gegen Ende der kommenden Woche vorliegen werde. Auf jeden Fall sei die Anlage sofort heruntergefahren worden, der für die Düngemittelindustrie produzierte Stoff in einem Behälter aufgefangen worden. Umgehend seien die Feuerwehr und die zuständigen Behörden informiert worden. Kreisbrandmeister Friedrich-Ernst Martin ließ aus Feuerwehrsicht den Störfall Revue passieren. Zunächst sei man von einer Ölspur ausgegangen, als dann alle Informationen des Unternehmens vorlagen, habe dieFeuerwehr das Schadensgebiet gesperrt, die Bevölkerung gewarnt und unter anderem staatliches Umweltamt, den Bergisch Rheinischen Wasserverband und die Untere Wasserbehörde des Kreises informiert. Als schließlich ein Mitarbeiter eines benachbarten Unternehmens über Hustenreiz klagte, sich weitere Verletzte meldeten, seien alle zehn Wehren des Kreises alarmiert und auch ein DRK-Zug angefordert worden. Insgesamt seien 180 Feuerwehrmänner und -frauen im Einsatz gewesen. Ab 12 Uhr sei die Bevölkerung vor allem in Tönisheide aufgefordert worden, Fenster und Türen zu schließen und sich in geschlossenen Räumen aufzuhalten, bestätigte der Velberter Wehrchef Kreggenwinkel. Das Kreisgesundheitsamt habe ab 13.30 Uhr die niedergelassenen Ärzte über die aufgetretenen Krankheitssymptome unterrichtet, versicherte dessen Vertreter Dr. Lange.

Über die Gefährlichkeit des ausgetretenen Dicyclopentadien gab es zwischen Werksvertretern, dem Mediziner und den Bürgern recht unterschiedliche Auffassungen. Ratsmitglied Dieter Stoschek (Velbert anders) sprach von einer "Frechheit", wie das Unternehmen mit dieser Frage umgehe und nannte Dicyclopentadien einen "hochgiftigen" Stoff. Michael Manck hingegen bezeichnete die Chemikalie als "nicht giftig" sondern "gesundheitsschädlich".