Horst Borrmann nimmt sich für die Mieter der Baugenossenschaft Niederberg Zeit. Vor allem zum Töttern und gegen das Gefühl, alleine zu sein.
„Wohnen für ein langes Leben.“ So lautet ein Motto der Wohnungs- und Immobilienunternehmen im Gesamtverband der Wohnungswirtschaft, dem auch die hiesige Baugenossenschaft Niederberg (BGN) angehört. Schließlich möchte ja fast jeder so lange wie nur möglich in seiner eigenen Wohnung bleiben. Das erfordert jedoch weit mehr als bloß eine intakte Wohnraumversorgung. Noch viel wichtiger ist es, sich wohl und vor allem nicht einsam zu fühlen.
240 der insgesamt 1140 BGN-Mieter bzw. -Genossen sind 75 Jahre und älter. Sie haben jetzt mit Horst Borrmann einen Kümmerer und Ansprechpartner, der vor allem etwa ganz Wichtiges macht: „In einer Zeit, wo keiner mehr Zeit hat, sich die Zeit nehmen und mal in Ruhe zuhören.“ Als Kümmerer ausgeguckt hat die BGN den nunmehr 77-Jährigen schon, als er letztes Jahr – übrigens aus Altersgründen – aus ihrem Vorstand ausgeschieden ist. Wenn ihn die Sachbearbeiterin Heike Pötsch – BGN-Chef Manfred Hoffmann zufolge „unser Allround-Mädel, die kann alles“ – anrufe und sage, es gebe ein Problem, „dann fahre ich da hin. Das ist schön“, erzählt Borrmann.
Enge Kooperation mit dem DRK
Zur Vorgeschichte gehört, dass der Velberter Genossenschaft bei der täglichen Arbeit, insbesondere bei der Erledigung kleinerer Reparaturen durch eigene technische Mitarbeiter, aber auch beim ständigen Telefonkontakt, zunehmend aufgefallen war, dass ein Teil der Senioren keine Angehörigen in der Nähe hat und dadurch einsam und zurückgezogen in seinen eigenen vier Wänden lebt. Manche, so heißt es weiter, pflegten kaum Kontakte zur Nachbarschaft und seien häufig hilflos bei der Bewältigung von kleineren Alltagsproblemen.
Horst Borrmann wurde per Rundschreiben als Kümmerer vorgestellt. Da die erste Resonanz geringer als erhofft ausfiel, gab es im Sommer 2016 eine erste kleinere Runde in Langenberg und jetzt eine richtig große mit gut 80 betagteren Mietern bei Kaffee und Kuchen im Wintergarten des DRK-Seniorenzentrums am Wordenbecker Weg. Nicht zuletzt auch in der Hoffnung, dass sie den BGN-„Service“ weitererzählen.
„Wir wollen an die ran, die alleine sind, sich abkapseln und in ihr Schneckenhäuschen zurückgezogen haben“, erklärt Hoffmann. Man habe auch einen Hausmeister-Service, etwa um eine Lampe aufzuhängen oder ein Schränkchen aufzubauen und zu stellen, und helfe überdies mit baulichen Maßnahmen, wo es technisch sinnvoll und durchführbar sei.
Beim Kümmerer geht’s allerdings eher weniger um sachliche Anliegen wie etwa einen Behinderten-Parkausweis für Arztbesuche als vielmehr um menschliche Nähe und das Miteinander. „Manche rufen an und wollen töttern“, erzählt Horst Borrmann. „Da musst Du Zeit mitbringen und zuhören können.“ Eine Erfahrung, die Heinz Schemken auch recht häufig macht. Der Alt-Bürgermeister engagiert sich ebenfalls und sagt bescheiden: „Was wir hier machen, ist kein perfektes Angebot, aber ein Versuch zu helfen.“ Schemken und Borrmann sind langjährige Weggefährten: Kommunalpolitik, BGN, die Kooperation mit dem DRK und und und. Sie kennen sich mit Verwaltung und Behörden aus. Und noch etwas haben sie gemein. „Der Vorteil ist ihr unheimlicher Bekanntsheitsgrad“, sagt DRK-Heimleiter Klaus Singbeil. „Ihnen trauen die Menschen zu, dass sie wirklich etwas bewegen und bewirken.“