. Fast 30 Jahre war sie Verkäuferin aus Leidenschaft. Nach einem Nachfolger hat die Velberterin gar nicht erst gesucht. Die Entwicklung vor Ort sieht die 66-Jährige kritisch.

  • Die Velberterin war 30 Jahre lang Verkäuferin aus Leidenschaft
  • Die Entwicklung der hiesigen Innenstadt beurteilt die 66-Jährige kritisch
  • Zum Jahresende ist Schluss – der Räumungsverkauf hat bereits begonnen

Ein kurzer Blick reicht aus, um festzustellen, dass der an mehreren Stellen platzierte „Cityplan Innenstadt Velbert“ nicht unbedingt so ganz auf der Höhe der Zeit ist. „Gesucht – gefunden“ – von wegen.

Schreibwaren zum Beispiel kann man schon seit etlichen Wochen nicht mehr bei Saalmann kaufen. Dort ist längst ein Bettenstudio drin. An der Bahnhofstraße ist jüngst ein Modegeschäft aus- und in ein anderes Ladenlokal umgezogen. Und in Kürze verschwindet ein weiteres, ein inhabergeführtes Geschäft, das über Jahrzehnte eigentlich irgendwie aus der Innenstadt nicht wegzudenken war.

Denn zum Jahresende schließt Ulrike Müllers nach nunmehr fast 30 Jahren ihr Fachgeschäft für Bademoden, Dessous und Nachtwäsche und geht in den Ruhestand. Das bedeutet nicht zuletzt mehr Zeit für Sport, Tennis und fürs Wandern mit ihrem Partner. Nach einem Nachfolger hat sie erst gar nicht gesucht. „Wer übernimmt denn heute noch so etwas?“, sagt die 66-Jährige. „Da steckt man doch wirklich viel Zeit rein, und die Leute wollen ja heutzutage nicht mehr viel arbeiten.“

Bei Pötter Verkäuferin gelernt

Da ist die Geschäftsfrau offenbar noch aus einem anderen Holz geschnitzt. Sie hat zwar ursprünglich Verkäuferin gelernt – das war damals bei Pötter –, wechselte jedoch noch während der Lehre in die Buchhaltung und arbeitete anschließend elf Jahre bei der Sparkasse Velbert. Bis ihre Nachbarin Marianne Rose, in deren Geschäft für Schals, Mützen, Handschuhe, Bademoden etc. die „Verkäuferin aus Leidenschaft“ schon wiederholt ausgeholfen hatte, in den Ruhestand ging und Ulrike Müllers kurzerhand das Geschäft übernahm, um es fortzuführen.

Das war nur eine Hausnummer weiter vom jetzigen Standort auf bloß 60 Quadratmetern Fläche. In 2002, dem Jahr der Euro-Einführung, dann der Wechsel in das Ladenlokal Bahnhofstraße 5, das mit 127 Quadratmetern mehr als das Doppelte bietet. Die Entscheidung aufzuhören, sei über Jahre gereift, erzählt Ulrike Müllers. Ihre zahlreichen treuen Stammkunden – die Altersspannbreite reiche von „18 bis 80“ – hat sie schon alle persönlich angeschrieben. „Es war alles schön hier, wir bleiben jetzt bis zum Ende zusammen“, sagt Heike Wirtz (52). Sie ist seit 13 Jahren als Verkäuferin beschäftigt. Ulrike Müllers habe ihr frühzeitig Bescheid gesagt, „ich bleibe jetzt erst einmal zuhause“. Ihre Kollegin Uta Küppers – die Dritte im Bunde – steht sogar schon seit 17 Jahren mit im Geschäft. Wohlgemerkt ein reines Damengeschäft, aber dennoch gab es auch das: „....wenn Männer kommen und für sich Damenwäsche kaufen“. Inklusive Anprobieren versteht sich. „Was wir schon alles erlebt haben, da könnten wir glatt ein Buch drüber schreiben.“

Ulrike Müllers kennt nicht nur ihre Kundinnen nahezu alle persönlich, hat meist schon beim Reinkommen ihre Namen und Größen parat. Die Geschäftsfrau hat über die Dekaden auch Wandel und Entwicklungen in der Mitte Velberts erlebt und dazu ihre persönliche Sichtweise.

So sei die Verlagerung des Wochenmarktes vom Europaplatz am Forum vors Rathaus „ein echter Einschnitt“ gewesen. Das E-Center an der Sontumer Straße ziehe leider die Leute aus der Stadt, das Verschwinden der SB-Märkte aus der City wirke sich nachteilig aus. Damit nicht genug: Die Kaufkraft habe ebenfalls spürbar nachgelassen, zudem führen zunehmend mehr Velberter zum Einkaufen gleich in die umliegenden Großstädte. Ulrike Müllers: „Es gibt mittlerweile einfach nicht mehr die passende Kundschaft für mein Sortiment.“