Velbert. . Seit über 50 Jahren sind Menschen aus Velbert und Châtellerault eng verbunden. Heute werden vor allem Kontakte zwischen Schülern geknüpft.

  • Die Städtepartnerschaften sollten nach dem Zweiten Weltkrieg der Völkerverständigung dienen
  • Beziehungen haben sich über Gruppierungen und Vereine verfestigt und wurden stetig ausgebaut
  • Auch Austausch über soziale Inklusion in Europa oder Vermittlung von Praktikumsplätzen

Knapp 850 Kilometer und satte zwölf Stunden Busfahrt trennen Velbert von seiner Partnerstadt Châtellerault in Frankreich – und dennoch sind die Fäden zwischen den freundschaftlich verbundenen Städten eng gestrickt. Bereits seit 1965 gilt der Freundschaftsvertrag mit dem Ort in der Region Poitou-Charentes. Was als Projekt der Völkerverständigung begann, weitete sich in mehr als 50 Jahren zu einer engen Verbundenheit aus. „Das ist wirklich eine äußerst herzliche und kontinuierliche Verbindung“, freut sich Susanne Susok, die von Seiten der Stadt die Partnerschaften pflegt.

Völkerverständigung fördern

Die Anfänge der Freundschaften begannen nach Ende des Krieges. Der Gedanke dahinter: Die Völkerverständigung zwischen den damals involvierten Ländern zu fördern. Der Kontakt nach Châtellerault ergab sich seinerzeit schnell und einvernehmlich, weiß Susok: „Die Bereitschaft von beiden Seiten war groß. Schon 1964 gab es die erste Jugendbegegnung.“ Nur ein Jahr später trocknete dann die Tinte unter den Freundschaftsverträgen, die die beiden damaligen Bürgermeister bei einem Besuch des damals ersten Bürgers von Velbert, Hans Otto Bäumer, in Frankreich unterzeichneten. „Heute hängt die Urkunde in meinem Büro“, schmunzelt Susok, das förmliche Papier als Mahnung für die Verbindung würden die Velberter allerdings nicht benötigen: In all den Jahren sei der Kontakt nämlich nie eingeschlafen.

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„Der Kontakt ist damals entstanden, weil Menschen aus Velbert und Châtellerault sich bereits aus der Vorkriegszeit kannten“, erklärt Bernd Tondorf. „Diese Beziehungen hat man genutzt und gesagt, man macht was daraus“, so Tondorf, der sich bereits seit Jahrzehnten im Freundschaftsverein engagiert. Die Beziehungen haben sich damals über Gruppierungen und Vereine wie Sportflieger oder die Feuerwehr verfestigt und wurden seitdem stetig ausgebaut.

„Mittlerweile stehen die schulischen Verbindungen im Vordergrund“, erzählt Tondorf, der bereits einige Male in die französischen Partnerstadt gereist ist. Denn in jedem Jahr knüpfen Schüler beider Städte auf mittlerweile regelmäßigen Austauschfahrten, die Tondorf als Leiter der Förderschule in den Birken gemeinsam mit der Gesamtschule vor über 15 Jahren initiierte, die Banden enger. „Das erste Mal sind wir mit den Schülern noch in einer Jugendherberge untergekommen“, erinnert sich der Rektor des heutigen Förderzentrums, Bernd Jordan, „aber schon ein Jahr später kamen die Jugendlichen bei Gastfamilien unter.“ Und das habe sich bis heute nicht geändert – auch nicht bei den Austauschfahrten, die die Franzosen nach Velbert unternehmen.

Obwohl gerade bei Förder- und Gesamtschülern die Sprachbarriere ein nicht zu unterschätzendes Hindernis erwarten lässt, funktioniere ein Besuch stets wunderbar, wie Jordan erzählt: „Ohne Sprachkenntnisse in eine Gastfamilie zu reisen, das ist schon eine Herausforderung.“ Mit Englisch, den Händen und Füßen und jeder Menge Freude jedoch gelinge die Verständigung jedes Mal vorzüglich. „Aus meiner Sicht ist so ein Austausch eines der schönsten Erlebnisse, die Jugendliche während ihrer Schulzeit machen können.“ So werden nicht nur Freundschaften für das Leben geknüpft, sondern sogar Zukunftspläne geschmiedet. So habe ein Schüler während eines Austausches sogar seine zukünftige Frau kennengelernt und wolle nach Châtellerault ziehen.

Praktikumsplätze werden vermittelt

Mittlerweile tauschen sich jedoch nicht nur Schulen und Vereine rege aus, auch aktuelle Themen werden im Rahmen der Städtepartnerschaften zur Sprache gebracht. „Von 2013 bis 2015 gab es zum Beispiel das Projekt ,Fo(u)r Europe’, bei dem wir uns über soziale Inklusion in Europa ausgetauscht haben“, erzählt Susok. Auch Praktikumsplätze im jeweils anderen Land werden rege vermittelt. Die ursprüngliche Bedeutung – die Völkerverständigung – sei währenddessen mitnichten in den Hintergrund gerückt, sondern heute wichtiger denn je: „Ich glaube, dass nur ein weltoffenes Europa auch ein friedliches Europa ist.“