Neviges. . Vor allem Senioren möchten ihren Bürgerbus nicht mehr missen. Im Kleinbus gehört Menschlichkeit zum Service. Und er hält oft vor der Tür.
- Fahrer hebt Rollatoren hilfsbereit in den Wagen
- Den Bürgerbus muss man unterstützen, finden Fahrgäste
- Ehrenamtliche Fahrer suchte sinnvolle Beschäftigung im Ruhestand
Erleichtert lässt sich die alte Dame auf den Sitz fallen. Jetzt noch Gehstock und Hackenporsche parken, kerzengerade sitzt sie im Kleinbus, die Handtasche vor sich auf den Knien. Alles prima. Dann der Schreck: „Ach, ich muss ja noch zahlen. Aber ich komm jetzt nicht mehr hoch.“ Angeschnallt ist sie nämlich auch schon, vergisst man ja so schnell. Und der Fahrer? Meckert nicht, sondern macht den Motor aus, kommt, knippst das Ticket am Platz ab. Im Bürgerbus ist eben alles anders.
Hier ist der Fahrgast wahrlich König und Menschlichkeit gehört zum Service wie der neue Tratsch und Klatsch aus dem Dorf. Jeden Tag steuern die Fahrer des Bürgerbus-Vereins unter anderem auch jene Straßen an, in denen der Linienbus nicht überall hält. „Ohne Bürgerbus müsste ich Taxi fahren“, sagt die 85-jährige Dame, die an der Haltestelle Tönisheide Mitte eingestiegen ist. „Bitte bis zum Agnes Miegel Weg.“ Bis dahin gibt’s draußen einiges zu sehen und drinnen viel zu plaudern. „Ich brauche ja Gott sei Dank keinen Rollator mehr, nach meiner OP, da sah das gar nicht so gut aus.“ Wobei Fahrer Hans-Joachim Bahr auch hilfsbereit die Gehwagen seiner Fahrgäste in und aus dem Bus hebt, kaum ein Hackenporsche-Modell, das er nicht kennt. Die praktischen Einkaufstaschen auf Rädern, sie sind nicht nur beim Markttag ein Segen.
Umzug ins Altenheim
Ingrid Weinand organisiert damit sogar den halben Umzug ihrer Cousine ins Altenheim Domizil. Klar, die Möbel und schweren Sachen sind schon drüben, aber der ganze Kleinkram... „Mein Mann ist ja auch nicht mehr so gut auf den Beinen, das hier ist wirklich eine feine Sache.“ Am Busbahnhof Lohbachstraße steigt die 76-Jährige ein, am Reiger Weg, am Domizil, verabschiedet sich Ingrid Weinand mit ihrem roten Wägelchen. „Tschüss, bis nächstes Mal.“
Weiter geht’s Richtung Bogenstraße, einmal links, einmal rechts abbiegen, dann klettert „Im Holz“ sehr fröhlich Monika Maaß in den Kleinbus, wie immer am Markttag. „Ich könnte auch zu Fuß gehen, aber den Bürgerbus muss man unterstützen. Für viele ältere Leute ist das die einzige Chance, mal aus der Ecke rauszukommen“, meint die 67-Jährige. Kurzer Plausch mit den anderen, „wie immer, bis Bunkertreppe.“ Also Wilhelmstraße.
Am Parkplatz Domplatz wechselt Fahrer Hans-Joachim Bahr das Tourenschild aus.: „Tour 1 Tönisheide“. Der 65-Jährige, früher bei Airbus in Hamburg beschäftigt, fährt wie alle hier ehrenamtlich: „Ich hab gern was um die Ohren, brauchte nach dem Job noch eine Pflicht.“ Motor anlassen, eine Station weiter steigt das Ehepaar Jäger zu, schwer bepackt vom Markt und wie immer bestens gelaunt. Eine Tour mit dem Bürgerbus inklusive anschließendem Kaffeetrinken haben die Jägers letztens einer 90-Jährigen geschenkt. „Die Dame hat sich so gefreut, alles wiederzusehen“, erzählt Doris Jäger.
Ja, er ist anders, der Bürgerbus, kleiner, persönlicher. Alexandra Husemann (48) könnte genauso gut mit dem Linienbus fahren: „Ich mag aber niemanden bitten, für mich aufzustehen.“ Denn dass die modisch gekleidete Frau mit der großen Sonnenbrille schwer sehbehindert ist, ahnt keiner. „Hier gibt es immer einen Platz.“ Und gratis dazu die neuen Dorfnachrichten.