Velbert. . Germanistikstudenten aus Polen zu Gast bei den Oberschlesiern. Sie nennen die Region ihr Zuhause, aus der drei Velberter einst vertrieben wurden.

Nach dem Zweiten Weltkrieg aus Schlesien vertrieben, erst von den Russen, dann von den Polen – so ging es vielen Deutschen, unter ihnen auch Gerda Schulz, Ursula Olschak und Josef Kubitza. Ganz unterschiedlich sind sie geflüchtet, am Ende aber alle nach Velbert gekommen.

Ihre ursprüngliche Heimat können sie auch heute nicht vergessen, ebenso wenig Vertreibung und Aussiedlung. Von ihren Erinnerungen haben sie nun 35 polnischen Germanistikstudenten in der Bürgerstube erzählt. „Wenn Zeitzeugen über ihre Erlebnisse sprechen, trifft mich das viel mehr, als wenn ich es in der Schule lerne“, sagt der 24-jährige Lukasz, der wie die anderen Studenten aufmerksam zuhört.

Sie alle leben heute im oberschlesischen Industriegebiet, nennen die Region ihr Zuhause, aus der die drei Velberter einst vertrieben wurden. „Die Thematik ist uns deshalb sehr nah und wirklich interessant.“ Ursula Olschak hat neben ihren Erzählungen auch eine alte Geburtstagskarte im Gepäck, die ihr eine Freundin von daheim 1947 ins Erzgebirge geschickt hat. Sie reicht die Karte weiter, einige Polen schauen sie lange an. „Man kann sich das alles gar nicht mehr vorstellen“, meint Lukasz.

Das Zeitzeugengespräch ist Teil eines fünftägigen Seminars, das die Landsmannschaft Schlesien, Ortsverband Velbert, für die polnischen Studenten organisiert hat. Mitglied Joachim Karwoczik, der das Projekt gemeinsam mit Damian Spielvogel, dem ehrenamtlichen Vorsitzenden vor Ort, leitet, erklärt: „Unsere Hauptaufgabe ist es, Jugendliche beim Lernen der deutschen Sprache zu unterstützen.“ Daneben wollen sie auch über den Tellerrand schauen, über die gemeinsame Geschichte sprechen. Deshalb haben sie mit den polnischen Gästen zum Beispiel die Ostdeutsche Gedenkstätte und das Grab polnischer Zwangsarbeiter auf dem Waldfriedhof besucht. Außerdem standen Ausflüge nach Bonn und Köln sowie eine Begegnung mit deutschen Studenten auf dem Plan.

Vergangenheit näher bringen

Seit 1997 stellt die örtliche Landsmannschaft Schlesien regelmäßig Veranstaltungen für junge Erwachsene aus Schlesien auf die Beine. Finanziert werden diese Maßnahmen vom Bundesinnenministerium – rund 17 000 Euro werden den Organisatoren für ein Projekt zur Verfügung gestellt. „Um das Geld zu bekommen, müssen wir unser Vorhaben genau vorstellen und das Programm besprechen“, sagt der Vorsitzende Damian Spielvogel. Altbürgermeister Heinz Schemken, der ebenfalls zu Gast in der Bürgerstube ist, sieht in dem Angebot vor allem eines: „Die Chance, die Vergangenheit zu würdigen und sie jungen Menschen näher zu bringen, damit sie für die Zukunft sorgen.“