Langenberg. . Für ein freiwilliges soziales Jahr geht die angehende Abiturientin Nicole Maier nach Klin, eine Vorstadt von Moskau. Hier will sie die Sprachkenntnisse vertiefen und die Kultur erleben.
Wenn bei der Familie Maier alle zusammen am Küchentisch sitzen, dann geht es bunt zu: Dann wird deutsch geredet, mal russisch, mal russisch-deutsch und mal schwäbisch. Die Maiers haben eine russische Vergangenheit, die die 19-jährige Nicole nun genauer kennenlernen möchte. Deswegen wird die baldige Abiturientin Ende August für ein Jahr nach Russland gehen.
Dort macht Nicole dann aber keinen Urlaub, berichtet sie: „Ich mache ein freiwilliges soziales Jahr und arbeite dort zu einem Teil im Büro für die Organisation AFS, über das freiwillige Jahr mache. Und ich werde in einer Schule als Lehrassistenz arbeiten.“ Was das genau heißt, dass weiß sie noch gar nicht. Und auch noch nicht, wie es dort so ist, wo sie fast ein Jahr leben wird: In Klin, 90 Kilometer entfernt von Moskau und von der Einwohnerzahl etwa so groß wie Velbert. Die Lage gefällt Nicole Maier gut, „denn so kann ich mal nach Moskau fahren, wenn ich möchte, mal nach Petersburg oder auch Bekannte besuchen.“
Ein Jahr ins Ausland, das ist für viele Jugendliche entweder noch während der Schulzeit oder im Anschluss daran ein Traum. Doch meist stehen die USA, Australien, Neuseeland oder England ganz oben auf der Wunschliste, wo es hingehen soll. Nach Russland, so hat auch Nicole die Erfahrung gemacht, zieht es scheinbar nicht so viele, „denn es war total schwierig, eine seriöse Agentur zu finden, die dieses freiwillige soziale Jahr unterstützt.“
Denn nur Urlaub machen, das wollte die 19-Jährige ja nicht. Sondern ihre Muttersprache vertiefen und die Kultur besser kennenlernen. „Ich hoffe, ich komme in einer Gastfamilie unter und nicht in einer WG, denn ich möchte das richtige russische Leben erleben“, sagt sie. Zu Zeiten von Katharina der Zweiten waren beide Familien väter- und mütterlicherseits nach Russland ausgewandert, ein Teil aus Schwaben, weswegen ihre Großeltern noch heute diesen besonderen Dialekt pflegen. In Russland hat ihre Familie dann in dem deutschen Mariendorf gelebt, allesamt sind sie dann 1992 wieder nach Deutschland zurückgekehrt. Nicole ist im Gegensatz zu ihren Geschwistern die einzige, die hier das Licht der Welt erblickte.
Umso spannender ist es nun für sie, diese Welt, in der ihre Familie lebte und die noch heute Teil des Alltags ist, zu erkunden. „Klar, wir sprechen russisch, es gibt russisches Essen, aber hier lebt man ja schon das deutsche Leben“, findet Nicole. Schöner als die deutsche findet sie die russische Sprache: „Sie ist viel weicher, auch wenn die Leute immer denken, wir würden schreien“, erzählt sie lachend.
Zurzeit ist Nicole noch auf der Suche nach Spendern, denn die Organisation AFS, die diese freiwilligen sozialen oder ökologischen Reisen ermöglicht, ist auf diese angewiesen. Doch dann heißt es bald: Abitur machen und Koffer packen. Was es heißt, elf Monate weg zu sein, kann sich Nicole derzeit noch nicht wirklich vorstellen: „Ich realisiere das derzeit noch nicht so richtig, aber ich freue mich total auf die spannende Zeit, die mich erwartet.“