Neviges. . Die Bergische Diakonie Soziale Dienste Niederberg organisiert in der Gemeinschaftsgrundschule Tönisheide eine Kummersprechstunde für Grundschüler. Die Kinder nehmen das Angebot gern an.
Manchmal ist „nur“ der Hamster gestorben, was für eine Achtjährige natürlich ganz furchtbar ist. Manchmal schreien sich zuhause die Eltern an, Papa ist ausgezogen, und zur Oma darf man plötzlich auch nicht mehr, weil Mama das nicht will. Was tun, mit wem reden, wenn die Sorgen im Kopf Karussell fahren? Ab in die Schule, genauer gesagt in die Gemeinschaftsgrundschule Tönisheide. Hier bietet die Bergische Diakonie Soziale Dienste Niederberg, Stadtteilzentrum Neviges, alle 14 Tage eine Kummersprechstunde für Sechs- bis Zehnjährige an.
Ob es nun der Knatsch mit der besten Freundin ist oder eine lebensbedrohliche Krankheit in der Familie, die das Kind in existentielle Ängste stürzt – wer sein Herz bei Monika Schmidt-Bathe ausschüttet, kann sicher sein: Niemand erfährt, was hier gesprochen wird – es sei denn, das Kind ist in Gefahr. „Ich habe eine Schweigepflicht, die nehme ich auch sehr ernst“, sagt die Sozialarbeiterin. Ein Eingreifen ist für sie der letzte Ausweg und kommt nur in Frage, wenn das Kindeswohl unmittelbar gefährdet ist – zum Beispiel bei Gewalttätigkeiten. Ansonsten gilt: Helfen ja, auch gern Ratschläge geben, aber nicht selbst aktiv werden und schon gar nicht ohne das Wissen des Sorgenkindes. Bei familiären Querelen rät sie den Kindern, mit Mutter oder Vater zu sprechen, sich eventuell an die Lehrerin zu wenden. Das Vertrauensverhältnis sei ganz wichtig und müsse unter allen Umständen bewahrt bleiben.
„Wir fragen die Kinder manchmal wohl, ob wir vielleicht mit den Eltern reden sollen“, ergänzt Kollegin Tanja Kosin, die die Kummersprechstunde in Langenberg abhält. Beide Sozialarbeiterinnen haben die Erfahrung gemacht: Kein einziges Kind kam bisher wegen schulischer Probleme in die Sprechstunde. Und 80 Prozent der „Kummerkundschaft“ sind Mädchen. Ist ja auch furchtbar: Die Freundin hat auf einmal keine Zeit mehr, spielt und verabredet sich aber mit einem anderen Mädchen. „Das sind so typische Geschichten“, sagt Monika Schmidt-Bathe, die müsse man ernst nehmen, daran knabbern Kinder. Viele meinen auch, Verantwortung übernehmen zu müssen. „Ein kleiner Junge erzählte: Mama raucht, die ist schwanger, das ist doch falsch.“
Auf die Nachfrage, um wen er sich mehr sorge, um Mama oder das Geschwisterchen, habe der Knirps entrüstet gesagt: „Na, um beide.“
Etwa sieben Kinder kommen in jede Sprechstunde, manche auch zum zweiten oder dritten Mal. Sie reden, weinen um ihr totes Haustier oder Schlimmeres und bringen zum Dank selbstgemalte Bildchen mit. Schulleiterin Bärbel Emersleben ist froh, dieses Angebot seit 2013 im Haus zu haben: „Die Kinder nehmen das sehr gut an. Manche fragen schon: Wann kommt die denn wieder?“