Velbert. . Neues von den Al Najjars aus Syrien: Sohn Samer (21) hat die Aufnahme fürs Studienkolleg geschafft. Etwas besorgt lässt er seine Familie in Niederberg zurück.

Die syrische Flüchtlingsfamilie Al Najjar aus Homs, die seit eineinhalb Jahren in Velbert lebt, schaut auf ein insgesamt gutes 2015 zurück. Mitte November hatte die WAZ den ältesten Sohn Samer Al Najjar vorgestellt, der mit beeindruckender Energie seine sprachliche Integration vorantreibt, auch um sich beruflich eine möglichst gute Perspektive zu erarbeiten.

In dieser Hinsicht ist er seither einen guten Schritt vorangekommen: Ab Februar ist der 21-Jährige im Studienkolleg Mettingen bei Osnabrück eingeschrieben, um seinen Zugang zur Universität zu erwerben – ein ungeheurer Sprung für den jungen Mann, der vor zwei Jahren noch kein einziges Wort Deutsch verstand. „Ich habe nicht daran geglaubt, die Prüfung für das Studienkolleg zu schaffen. Da waren viele ältere Ausländer dabei, die schon mehrmals durchgefallen waren“, berichtet Samer.

Der Neu-Velberter hat es geschafft, sein Ziel Uni-Studium der Sprachen rückt deutlich näher. Doch gefühlsmäßig ist der Syrer hin- und hergerissen: „Meine Familie freut sich mit mir. Aber ich muss wegziehen und kann ihr im Alltag nicht mehr helfen“, bedauert er. Samer kalkuliert, nur alle paar Wochen heimkehren zu können.

Keine Familie mehr in Kriegsgebiet

Nach Hause – das ist für Samer Al Najjar sein 55-jähriger Vater, seine 45-jährige Mutter, ein 18 Jahre alter und ein fünf Jahre alter Bruder sowie seine beiden Schwestern, 19 und elf Jahre alt. „Unser Zuhause ist aber auch Velbert“, betont Samer. Wenn er aus der Vier-Zimmer-Wohnung in der Innenstadt auf die Straße tritt und nicht zum Deutschpauken rüber zum Internationalen Bund an der Poststraße geht, trifft er sich mit Freunden. „Wir gehen in ein Café, so wie wir es früher in Syrien gemacht haben.“ Erfahrungen und Erlebnisse werden ausgetauscht; im Gegensatz zu vielen anderen Flüchtlingen hat Samer keine Familienangehörigen mehr in Kriegsgebieten, zu denen man mit großer Sorge Kontakt hält. „Fast alle haben sich nach Libyen, Jordanien oder in die Türkei abgesetzt“, berichtet Samer. „Aber niemandem von ihnen geht es so gut wie uns hier in Velbert“, sagt er mit glänzenden Augen.

Wenn er nun das Studienkolleg besucht – kommt die Familie zurecht? „Mein jüngerer Bruder muss meine Rolle übernehmen“, sagt Samer; spürbar skeptisch im Unterton, ob der das auch kann. Einkaufen gehen Vater und Mutter allein, auch in Essen, um besondere Gewürze für die syrische Küche zu kaufen – kein Problem. „Aber Besuche bei der Jobagentur oder Behörden, wir werden es sehen, wie sie zurechtkommen!“