Neviges. . Auf die Frage, wie sie als direkte Nachbarn den geplanten Bau einer Klinik für psychisch kranke Straftäter auf der Kleinen Höhe empfinden, reagierten viele Nevigeser gelassen-sachlich.
Passiert ist noch nichts – außer, dass die Stadt Wuppertal dem Land auf der Kleinen Höhe ein 23 Hektar großes Grundstück angeboten hat, wovon fünf Hektar als Baugrund zur Errichtung einer Forensik dienen könnten. Man stehe im Bebauungsplanverfahren in einem ganz frühen Stadium, so eine Sprecherin der Stadt Wuppertal. Werde tatsächlich gebaut, dann frühestens ab 2019. Wie finden die Menschen auf dem Rosenhügel eine Klinik für psychisch kranke Straftäter in der Nachbarschaft?
Notwendigkeit wird eingesehen
„Es ist ein Dilemma“, sagt Eleonore Brengelmann und seufzt. „Irgendwo müssen diese Menschen ja zum Schutz der Gesellschaft untergebracht werden. Aber das sind ja sichere Bauten und die Menschen sind hinter Schloss und Riegel.“
Ein Tenor, der auch bei Heinz-Gerd Tewes mitschwingt: „Forensik? Tja, niemand will sie haben, aber irgendwo muss sie doch gebaut werden. Also, ich sehe das gelassen. Am besten wäre so etwas außerhalb, aber da gibt’s ja nicht so sehr viele Möglichkeiten.“ Dass nun ausgerechnet die Kleine Höhe im Gespräch ist, findet er schade. Nicht, weil die Klinik dann in die Nähe zum Rosenhügel rückt: „Ich finde diesen Grüngürtel so schön, es wird ja schon so viel zugebaut.“
Wichtig ist der Sicherheitsaspekt
Von Gelassenheit keine Spur dagegen bei Sabine Schindler: „Ein mulmiges Gefühl bleibt. Die Leute, die da hinkommen, die haben ja die unterschiedlichsten Krankheiten. Man fühlt sich schon unsicher.“
Was Norbert Trummel von sich nicht behaupten kann: „Noch ist ja gar nichts entschieden, da mache ich mir erstmal keine Gedanken. Die Sicherheit wird da ja groß geschrieben. Und wenn wirklich mal jemand ausbricht, der sieht doch zu, dass er wegkommt. Der bleibt doch nicht hier in der Gegend.“
Auch Stephan Puttkammer sagt ganz spontan: „Nein, ich habe keine Angst. Irgendwo müssen diese Leute ja hin. Und ländliche Gebiete, die sind auch nicht so gut.“
Stufenweise Freigang mit Bewachung
In eine Forensik kommen Straftäter, die aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Suchterkrankung nicht oder nur vermindert schuldfähig sind.
Ziel ist die Therapie. Aus der Forensik wird nur entlassen, wer erfolgreich eine Therapie hinter sich hat. Der Landschaftsverband Rheinland bietet nach Absprache Forensik-Führungen an unter (0221) 809 - 6679.
Der Sicherheitsaspekt hat bei fast allen Befragten zu Unsicherheiten geführt. In den letzten zwölf Jahren, so die Information aus dem NRW-Gesundheitsministerium, kam es in NRW in keiner der neu erbauten Kliniken zu einem Ausbruch. Zu den Sicherheitsstandards gehören 5,50 m hohe technisch überwachte Außensicherungen wie Mauern oder Zäune, Sicherheitsschleusen. An 14 Standorten in Nordrhein-Westfalen liegen die Maßregelvollzugskliniken ganz normal in Wohngebieten.
Und warum eine Forensik in Wuppertal? Das hänge mit der „Verteilungsgerechtigkeit“ zusammen, erklärt Ministeriums-Sprecher Christoph Meinerz: Da die kranken Straftäter aus allen Städten und Gemeinden des Landes kommen, aber bisher nicht alle Regionen entsprechend der Anzahl der Einweisungen beteiligt sind, werden die neuen Kliniken dort errichtet, wo die meisten Plätze fehlen. Danach besteht im Landgerichtsbezirk Wuppertal, hier gibt es bisher noch keine Forensik, eine Unterversorgung von rund 180 Plätzen. Der Landgerichtsbezirks Wuppertal besteht aus den Städten Wuppertal, Solingen, Remscheid sowie Teilen des Kreises Mettmann (Haan, Erkrath, Mettmann, Wülfrath, Heiligenhaus, Velbert).
Kein Anstieg von Kriminalität
An keinem der 14 Standorte von Maßregelvollzugskliniken hat sich durch die Existenz einer solchen Klinik die Kriminalitätsrate im Umfeld der Einrichtung messbar erhöht.
Zum Thema Freigang: Darauf haben Maßregelvollzugspatienten (MRV-Patienten) einen Rechtsanspruch, aber nur bei entsprechendem Therapiefortschritt. Der Freigang wird stufenweise gewährt: Erst einzeln unter Bewachung, dann in Gruppen, dann Freigang für ein paar Stunden ohne Begleitung. In Velbert dürften, wie in jeder Stadt, schon heute Freigänger unterwegs sein: Denn ein MRV-Patient bekommt diese Lockerung häufig in seiner Heimatstadt gewährt, dies wird aber individuell entschieden. Ob Lockerungen erlaubt werden, entscheidet die therapeutische Leitung.