Langenberg. . Ein Besuch der WDR-Sendeanlage auf dem Langenberger Hordtberg bildete am Mittwoch den Auftakt zu einer spannenden WAZ-Leseraktion.
Es war ein Parforceritt durch 90 Jahre Rundfunkgeschichte – und es war ein beeindruckender Einblick in ein wichtiges Stück Langenberger Stadtgeschichte: Mit einer Führung durch die WDR-Sendeanlage auf dem Hordtberg begann gestern die dreiteilige Leseraktion „WAZ öffnet Pforten“.
Wie vereinbart hatten sie sich pünktlich um 10 Uhr am Tor des WDR-Betriebsgeländes an der Richard-Tormin-Straße eingefunden: die 20 Leserinnen und Leser, die sich in der vergangenen Woche als erste für einen der begehrten Plätze für diese nicht eben alltägliche Betriebsbesichtigung gemeldet hatten.
250 Tonnen wiegt der Hauptmast
Und Walter Suckut, Leiter der Sendeanlage, ging auch gleich „in medias res“: Bevor es in die warmen Räume ging, präsentierte er den Besuchern bei eisigen Temperaturen und sacht einsetzendem Nieselregen zunächst einmal das weithin sichtbare Wahrzeichen des „Senders Langenberg“: den 301 Meter hohen Gittermasten, das Herzstück der Anlage.
Und ganz nebenbei erfuhren die Besucher weitere imposante Zahlen: Zum Beispiel, dass der Mast allein schon 250 Tonnen wiegt, dass er weitere 25 Tonnen an Antennen trägt und seine Edelstahlabspannseile allein schon 50 Tonnen wiegen.
Immer kleiner und leistungsstärker
Mochten sich die Teilnehmer unter diesen Zahlen noch etwas vorstellen können, so wurde es drinnen ungleich komplizierter. Und selbst manch Älterer in der Runde, der früher beruflich mit Technik oder Elektrizität zu tun hatte, kam an seine Grenzen angesichts der geballten technischen Informationen, mit denen Walter Suckut bei der Führung aufwarten konnte.
Nachdem er zunächst an die Anfänge der Sendeanlage erinnert und die Geschichte der alten, ehemaligen, längst umgestürzten, abgerissenen oder gesprengten Masten hatte Revue passieren lassen, stellte der WDR-Betriebsleiter den Besuchern die gegenwärtige Sendetechnik vor. Beeindruckend dabei vor allem, was Suckut anhand der Schaltschränke, Verstärker und anderer technischer Ausstattung deutlich machte: Technische Geräte und Stromverbrauch – alles wird immer kleiner, da die Leistungsstärke kontinuierlich zunimmt.
660 kW „sendeten“ für die Heizung
Und um das eindrucksvoll in Zahlen zu belegen: Während der Mittelwellensender einst mit zweimal 600 Kilowatt gespeist wurde, wovon der größte Anteil in den Senderöhren, nämlich 55 Prozent, nicht etwa Wellen, sondern reine Hitze produzierte, mit der man sogar noch die Heizung befeuerte, sendet die UKW-Anlage von „WDR Langenberg“ heute gerade mal mit zehn kW – was durch die Wahl des Abstrahlverfahrens allerdings einer effektiven Sendeleistung von 100 kW entspricht.
Die Gäste jedenfalls waren von all den Eindrücken überwältigt. „Ich war ja vor Jahren schon mal hier – unglaublich, wie sich das alles verändert hat“, staunte Dr. Christel Bluhm. Und für Manfred Schulz erfüllte sich gar ein Kindheitstraum: „Von so einer Besichtigung habe ich als Junge geträumt, als ich als Pfadfinder in der Jugendherberge auf dem Hordtberg war“, erinnerte sich der Trödelmarkt-Veranstalter.
Notstromaggregat kam von der Flak
Und bevor man den Betrieb nach zweieinhalbstündiger Führung wieder verließ, gab’s noch ein besonderes Highlight: Im Generatorenraum warf Suckut mit Pressluft das 800 PS starke Achtzylinder-MAN-Dieselaggregat an, das dem Sender früher bei Stromausfall zur Notstromversorgung diente. Bevor das 1948 nach Langenberg kam, war es seit 1943 in Hamburg in Betrieb – als Stromquelle für die Scheinwerfer der Flak, der Flugabwehrkanonen.