Velbert. . Syrischer Flüchtling arbeitet hart für seine schnelle Integration. Seit 15 Monaten leben er und seine Familie in Velbert.

Rund 1300 Flüchtlinge leben aktuell in Velbert – doch wer kennt schon jemanden von ihnen persönlich? Samer Al Najjar ist einer, 21 Jahre alt, geboren in Syrien. Mit seinen Eltern und vier jüngeren Geschwistern floh er vor drei Jahren aus der Heimatstadt Homs zunächst in den Libanon, wo Samer als Minderjähriger hart arbeiten musste. Vor 15 Monaten hatte Familie Najjar das große Glück, das höchst beengte Leben im Flüchtlingslager dort zu beenden und als Kontingentflüchtlinge der Uno nach Deutschland ausfliegen zu können.

Sprachkurs als Bester absolviert

Über Umwege kamen sie im Juni 2014 nach Velbert, leben nach kurzem Aufenthalt im Langenberger Asylheim in einer größeren Wohnung in der Innenstadt von Mitte. „Eine alte Dame hat sie uns vermittelt“, sagt Samer in sauberem Deutsch, er ist sehr dankbar dafür. Er sitzt in einem Aufenthaltsraum des Internationalen Bundes (IB) in der Poststraße, hat gerade Pause – sechs Stunden täglich lernt er hier im Jugendmigrationsdienst die Sprache seiner neuen Heimat. „Den ersten Kurs hat er als Bester absolviert“, lobt Cosima Riedel vom IB.

Der schlanke, mittelgroße Samer wirkt zunächst im Gespräch schüchtern, seine hellwachen Augen beweisen jedoch eine schnelle Auffassungsgabe und viel Energie. „Zwei meiner Geschwister lernen auch hier, die anderen gehen in die Grundschule und in die Kita“, erzählt er. Die Eltern, 55 und 45 Jahre alt, tun sich beim Spracherwerb naturgemäß etwas schwerer.

Der Krieg in Syrien hat ihn und die Familie traumatisiert, das wird aus seinen leise vorgetragenen Schilderungen deutlich, aber das Leben im Libanon, wo Syrer in der Bevölkerung nicht gut gelitten sind, hat auch Spuren hinterlassen. „Ich habe damals einen Text verfasst, um meine Eindrücke und Gefühle in dieser Zeit festzuhalten“, sagt er. „Die salzige Heimat“ ist die Betrachtung übertitelt, beim Übersetzen aus dem Arabischen hat sich Samer Al Najjar viel Mühe gegeben. Gemeint ist das Mittelmeer, an dessen Küste die Flüchtlinge die Entscheidung treffen müssen, ob sie die riskante Überfahrt nach Europa wagen sollen oder nicht: „Rosaroter Hafen, sag mir, welches Schiff dich erreichen kann? Aber leider zeigte sich das Meer im Gewand seiner Endlosigkeit und der Hafen schien so weit, dass die Schiffe ermüden oder verloren gehen würden, ehe sie dort eintreffen.“ Es macht betroffen, mit welcher Fremdsprachkompetenz dieser syrische junge Mann die Gefühle von flüchtenden Menschen in Worte fassen kann.

Da wundert es nicht, dass Samer Al Najjar Journalist werden möchte. Mit größtem Eifer lernt er, um einen der wenigen Plätze an einem kostenlosen Studienkolleg zu bekommen, das auf die Universitätsaufnahme vorbereitet. „Germanistik möchte ich studieren und dieser Gesellschaft etwas zurückgeben, was sie mir gegeben hat“, sagt Samer. Die IB-Leute sprechen anerkennend von seiner sozialen Einstellung. „Neu ankommenden Flüchtlingen hilft er, übersetzt für sie, begleitet bei Behördengängen“, berichtet Cosima Riedel. „Der Anfang hier ist für jeden schwer, auch wenn ich die Velberter bis jetzt als sehr nett und verständnisvoll erlebt habe“, sagt Samer.

Und Familie Al Najjar fühlt sich wohl in Velbert. „Es kann sein, dass meine Eltern nach Kriegsende wieder zurückwollen nach Syrien“, so der 21-Jährige. Für sich und seine Geschwister kann er da noch keine Prognose abgeben. „Meine jüngere Schwester schaut sich oft Fotos von unserem Zuhause in Homs an“, sagt er. Aber mit der Zeit könne auch Velbert Heimat werden.