Tönisheide. . Friedhofsgärtner Wilbert Hager hat in diesen Tagen alle Hände voll zu tun. Der November ist der Monat der stillen Gedenktage für die Toten. Seine Trauerfloristik gefiel auch bei der Bundesgartenschau.
Wenn ein Friedhofsgärtner „Gott sei Dank“ sagt, dann muss die Erleichterung besonders groß sein. Wilbert Hager, Herr über das Grün auf dem evangelischen Friedhof in Tönisheide, denkt mit Schrecken an die Zeit zurück, als er vor den stillen Gedenktagen bis spät in die Nacht mit seinem Team zusammen saß. „Stunde um Stunde haben wir aus Island-Moos Kränze gesteckt. Gott sei Dank ist das vorbei.“ Das Moos dient jetzt wieder den Rentieren in Skandinavien als Winterfutter, auf den Gräbern leuchten stattdessen Exoten wie Palmspee, Protea, Agavenblatt.
Leuchten ja, aber bitte in dezenten Erdtönen. Gedecktes Bordeaux, zartes Rost, das sind die angesagten Farben der Gestecke, die jetzt zu Allerheiligen und Totensonntag auf die Gräber gelegt werden. Und auch die Rose, Symbol der ewigen Liebe, sei im November stark im Kommen, weiß Experte Hager. Kühl, fast futuristisch anmutend, bilden Komposition aus Birkenrinde und Rosenblüten einen schönen Kontrast zum klassischen Herbst-Grabschmuck. „Von diesen hier wurden zu Allerheiligen sieben Stück bestellt“, sagt Wilbert Hager und zeigt auf ein etwa 50 Zentimeter großes Rosengesteck. Natürlich nicht winterhart und somit keine echte Alternative zum Tannengesteck, aber etwas besonderes: „Jetzt, bei diesen Temperaturen, also kühl, aber nicht zu kalt, hält sich die Rose etwa 14 Tage.“ Überhaupt, die Pflanzen-Mode auf dem Friedhof: Während die weiße Chrysantheme auf dem absteigendem Ast sei, lebe die ansonsten im Blumengeschäft totgesagte Nelke auf dem Friedhof weiter, erzählt Wilbert Hager, der auch Vorsitzender des Fachausschusses Friedhof im Fachverband Deutscher Floristen ist.
Sein Herz überzeugte auf der Buga
Seine Trauerfloristik made in Tönisheide überzeugte im Sommer die Gartenfreunde bei der diesjährigen Bundesgartenschau in Mecklenburg: Auf ein riesiges Herz aus Hanutria, einem Knöterich-Gewächs, hatte er zusammen mit Mitarbeiterin Heike Bergmann in der heimischen Gärtnerei unzählige Orchideen-Rispen und dazu Zeropia, eine wilde Ranke, gelegt. „Wir haben da etwa zwölf Stunden dran gesessen, aber es hat sich gelohnt, die Leute blieben stehen, staunten, fragten nach.“ Allerdings brauche so ein Prachtstück schon ein bisschen Platz.
A propos Platz: Die Fläche neben der Kapelle auf dem Friedhof in Tönisheide könnte in Zukunft anders aussehen: „Hier gibt es nur noch wenige alte Wahlgräber, die werden gepflegt und bleiben auch bestehen, aber ansonsten haben wir hier keine neuen Gräber verkauft“, sagt Wilbert Hager, der auch für die Friedhofsverwaltung des Presbyteriums zuständig ist. Was ihm vorschwebt: ein Memoriam-Garten, also eine gärtnerbetreute Grabanlage, wie sie zum Beispiel in Berlin häufig zu finden ist. In einem Memoriam-Garten gibt es ganz normale Grabsteine, nur ist die klassische Grabbegrenzung zugunsten einer lockeren Anlage aufgelöst. „Es kommt wieder eine Umkehr zu gepflegten Gärten, hin zu einer heimeligen Atmosphäre, weg vom Friedwald“, meint Wilbert Hager, Mitglied des Bundesausschusses für Friedhof und Umwelt. Die Beisetzungen in einem Friedwald, die es in Velbert sowieso nicht gibt, stagnierten. „Jetzt, im bunten Herbst, ist so ein Wald natürlich toll. Aber vor allem viele ältere Menschen haben Angst, allein in den Wald zu gehen.“ Noch ist der von Wilbert Hager favorisierte Memoriam-Garten Zukunftsmusik. Werden diese Pläne umgesetzt, wäre es der erste dieser Art in Velbert und der näheren Umgebung.