Neviges. . Eine ganze Schule rappt und tanzt: Am Freitag bekamen alle 164 Schüler der Hardenberg Schule nebst Lehrern Unterricht von Profis der HipHop-Academy aus Hamburg.
Adnan ist unerbittlich. „Kommt, kommt. Aufstehen, aufstehen, rechter Fuß vor, let’s go“, tönt es im Kasernenton durch die Sporthalle. Drill allererster Güte. Aber beschweren tut sich hier niemand, ist ja schließlich ein Hip-Hop-Profi, der da herumbölkt, und daher ist Adnan „so toll, der ist so cool wie wir, hier lernt man ganz viel“, schwärmt Serhat (14) und zieht sich kurz die Trainingshose hoch. Am Freitag gab es in der Hardenberg-Schule nur ein Fach, und alle 164 Schüler nebst Lehrern rappten und tanzten mit: Die HipHop Academy aus Hamburg gab für einen Tag den Ton an.
Als Rektorin Daniela Haas vor einiger Zeit in einer Schulleitersitzung von Vertretern des Kulturamtes hörte, dass es möglich sei, sich die Profis aus Hamburg für einen Tag in die Schule zu holen, war sie sofort Feuer und Flamme. Zusammen mit dem Kollegium und Diplom-Sozialarbeiterin Iris Erdle wurde „Hip-Hop-für-alle“ organisiert, was die Schüler durch die Bank begeistert: „Ist ja nicht der erste Tanztag, aber das ist schon was besonderes. So eine Chance, wer hat die schon?“, meint Laura und wischt sich den Schweiß von der Stirn. „Diese Frau da vorn hat Muskeln, von denen weiß ich gar nichts.“ Dann muss Laura auch schon wieder ran, ein strenger Blick von Trainerin Andy Calypso, der einzigen Frau in dem fünfköpfigen Team aus Hamburg, und Laura weiß: Hier wird nicht gequatscht, hier wird gearbeitet. Hochspringen, in den Liegestütz, und wieder hochspringen, wieder Liegestütz... Der eine oder andere verzagte Blick irrt durch den Raum, und dieses kleine quicklebendige blonde Energiebündel da vorn, das wie ein Flummiball durch die Gegend springt, ruft streng: „Ihr dürft nie sagen: Ich kann das nicht. Höchstens: Ich kann das noch nicht.“
„Sugar Rae“ versprüht gute Laune
Nebenan bei Trainer Adnan ist gerade drei Minuten Pause. „Ich spiel’ auch Fußball, aber das hier ist schon anstrengend“, meint Marcel (11), und Marvin meint ganz locker: „Endlich mal was anderes als nur in der Klasse rumzusitzen.“ Alex (13) hat noch nie Hip-Hop gemacht, „ich war neugierig, ist wie Kampfsport und Tanzen zusammen.“ Kampfsport hat er wohl früher schon mal gemacht, aber hierfür „da braucht man viel Training.“
Am Abend gingen alle gemeinsam ins Forum
Zum krönender Abschluss des gestrigen Tages sahen sich alle Schüler der Hardenberg-Schule am Abend im Forum Niederberg gemeinsam an, wie Hip-Hop von Profis aussieht: Die „HipHop Academy“ zeigte hier ihr Programm „Schöner Wohnen“.
In „Schöner Wohnen“ wurden verschiedene Hip-Hop-Disziplinen gezeigt, Choreograf ist Breakdance-Weltmeister Nils „Storm“ Robitzky. In komischen Szenen erkundeten die acht Ensemble-Mitglieder die Freiheit der ersten eigenen vier Wände.
Vor allem, wenn man dabei so lässig aussehen will wie Trainer „Sugar Rae“, der einfach nur gute Laune versprüht. „Steht nicht herum wie an der Bushaltestelle“, ruft er, wirft die Arme in die Luft, dreht sich blitzschnell um die eigene Achse. „Schaufeln, schaufeln und den Dreck nach hinten wegwerfen.“ Großes Staunen, dann nehmen die Schülerinnen und Schüler der Klassen 8 und 10 diese imaginäre Schaufel in die Hand, baggern, ziehen sie über den Kopf, erst sieht das ziemlich steif und abgehackt aus, bis „Sugar Rae“ die Musik noch ein bisschen lauter dreht, plötzlich haben sie alle den Dreh raus. Jetzt noch das „Fahrgestell“ unter Kontrolle bringen: „Eins, zwei, Schritt, Schritt. Und lachen, Hip-Hop ist Party.“ Scherzkeks. Das hier ist knallharte Arbeit. Aber niemand murrt, niemand meckert.
Auch nebenan in der Aula nicht, obwohl es „manchmal an den Händen etwas weh tut“, meint Chantale, Hip-Hop ist zuweilen auch ein bisschen wie schnödes Bodenturnen. Alicia und Chiara jedenfalls finden diesen Tag „einfach super“.
Das meinen auch die, die absolut keinen Sport mögen oder sich nicht so gut bewegen können: Elf Jungs sitzen beim „Beat-Box“ brav in der Runde, zischen und gurren, erzeugen nur mit dem Mund Schlagzeug-Rhythmen. „Ihr müsst euch konzentrieren, wo wird der Sound produziert? Los jetzt, ein starkes P aus dem Bauch raus“, feuert der Profi an. Einmal tief durchatmen, einige sind vor Anstrengung schon rot im Gesicht, „Pppppp“ tönt es durch den Raum – und elf „Beat-Boxer“ grinsen glücklich.