Neviges. . Der Obst- und Gartenbauverein zeigte , wie der perfekte Obstbaumschnitt aussieht, damit die Ernte üppig ausfällt. Ein Experte kraxelte dafür hoch in die Baumkrone.

Das gefrorene Gras im Garten von Günter Lipka knirscht unter den Schuhen der Gäste. Das abschüssige Grundstück liegt zur Hälfte im Schatten; noch hat es die Wintersonne nicht hoch genug über die Dächer geschafft. Auf der Wiese stehen im losen Kollektiv vier Obstbäume. Und in einem von ihnen balanciert Michael Neuhaus. Einen Ast in der einen Hand, eine Säge in der anderen – beobachtet von vielen Gartenfreunden, die heute vor allem eines interessiert: der perfekte Schnitt.

Der Obst- und Gartenbauverein hatte zu seinem beliebten „Vor-Ort-Termin“ geladen, bei dem sich alles um die Frage drehte: Wo und wie muss die Säge angesetzt werden, damit ich im Herbst reichlich Früchte ernten kann? „Wenn wir zu viel wegschneiden, steckt der Baum die ganze Kraft in Neutriebe. Das ist ja nicht Sinn der Sache“, ruft Baumschulbesitzer Michael Neuhaus der Gruppe zu. Der Obst- und Gartenbauverein Neviges stemmt den jährlichen Obstbaumschnitt gemeinsam mit dem gelernten Gärtner. Er kraxelt in der Krone herum, blüht auf bei seiner Arbeit. Und nimmt kein Blatt vor den Mund: „Die Bäume hier stehen zu dicht beieinander. Da hätte man sich beim Pflanzen vielleicht mehr Gedanken machen müssen.“

Heißer Kaffee und Würstchen

Günter Lipka nimmt die Kritik gelassen. „Über 100 Kilo Äpfel hat der Baum im vergangenen Jahr getragen“, erzählt er. „Und auf den hier“, er deutet mit dem Zeigefinger auf den anderen Apfelbaum im Garten „ist eine Fichte drauf gefallen. Das hat die Krone kaputt gemacht. Deshalb hat er so eine merkwürdige Form.“ Michael Neuhaus hat inzwischen seine Leiter an einen anderen Baum gelehnt, die Ärmel hochgekrempelt und nestelt an den Ästen herum.

„Außerdem sollte man darauf achten, die Äste schräg abzuschneiden. Damit kein Wasser auf der Schnittstelle bleibt und der Baum nicht fault“, gibt es noch mehr Tipps vom Profi. Prüfende Blicke von den Gartenfreunden. Man tauscht sich aus, plaudert, fachsimpelt.

Über den dampfenden Kaffee freuen sich die Mitglieder an diesem sonnigen, klirrend kalten Tag besonders. Später gibt es noch ein warmes Würstchen auf die Hand. Unzählige Äste liegen da schon auf dem gefrorenen Gras, Schneeglöckchen bahnen sich ihren Weg zum Licht. „Man muss vorsichtig sein beim Schneiden, nicht mehr als ein Drittel wegnehmen“, mischt sich jetzt auch Gerd Teichmüller ein. Der erste Vorsitzende des Obst- und Gartenbaumvereins Neviges hat selbst viele Obstbäume im eigenen Garten. „Das muss hinterher immer noch ein Baum sein, kein Garderobenständer“, sagt er und schmunzelt. Also lieber kontrolliert schneiden und nicht wie die Axt im Walde wüten. Dann werden die Gärtner später die Früchte ihres Erfolgs ernten können.

Der Verein lädt regelmäßig im Jahr zu aktuellen Themen in die Gärten der Gartenfreunde ein.