Gaza-Stadt. . Cécile Hertel von der Windrather Talschule in Langenberg besuchte Gaza-Stadt und das Westjordanland.Sie zeigte palästinensischen Lehrern „weichere“ Pädagogik mit Bewegung, Singen und Spielen.
Im schmalen Gaza-Streifen zwischen Ägypten und Israel leben zwei Millionen Menschen, die nicht nur die immer striktere Abriegelung ihres Landes seit 2007 erleben, sondern vor wenigen Monaten auch ein 50 Tage währendes Bombardement der israelischen Streitkräfte.
Cécile Hertel, Musiklehrerin der Windrather Talschule, führte allerdings ein „Hoffnungs-Projekt“ in die umkämpfte Region. Der in Belgien beheimatete „Music Fund“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, gespendete Musikinstrumente zu jenen Menschen zu bringen, die sich niemals ein Cello, eine Geige oder ein Klavier leisten könnten. Geliefert wurde bereits nach Kinshasa im zentralafrikanischen Kongo, nach Port-au-Prince in Haiti und eben auch nach Gaza.
Aber der „Music Fund“ sucht auch Musiklehrer aus dem Westen, auch explizit solche aus Waldorfschulen, die – wie Cécile Hertel – ihre pädagogischen Fertigkeiten an die Lehrer vor Ort in intensiven Fortbildungen weitergeben.
Man stelle sich ein gerade erst wieder befriedetes Gebiet vor – voller Kinder, die Ängste und Schrecken des Krieges täglich miterleben mussten. Man stelle sich vor, wie 40 bis 45 Kinder in einer Klasse auf recht militärisch anmutende Weise unterrichtet werden: Lautstark sagt ihnen der Lehrer Inhalte vor, die sie dann ebenso lautstark wiedergeben. „Was diese Kinder brauchen“, sagte Cécile Hertel, „ist eine Art von Unterricht, der Bewegung, Singen und Spielen mit einbezieht – so, wie wir es in unserer Schule machen.“
Ausbildung in „weicher“ Pädagogik
60 Lehrer werden in diesem dreijährigen Projekt an den Schulen des UN-Flüchtlingswerks, das den größten Teil der Schullandschaft in Gaza bestückt, auf diese Weise mit „weicherer“ Pädagogik vertraut gemacht. Zehn palästinensische Lehrer werden anschließend selbst zu Trainern in diesem Sinne werden.
Während ihres sechswöchigen Aufenthaltes in Gaza und im Westjordanland hat Cécile Hertel so manche Eindrücke gesammelt. Sie sah die Traumatisierung der Menschen, zumal der jüngeren. Manche nehmen, wie sie sagt, das Eingekesseltsein, die empfindlichen Beschränkungen, was die Einfuhr einfachster Güter betrifft, aber auch Bevormundung und Schikanen, mittlerweile als gegebene Tatsachen hin und werden darüber depressiv und lethargisch.
Kulturelle Angebote sind in Gaza rar
Viel wichtiger aber war für Cécile Hertel, zu erleben, wie viele „Hoffnungs-Inseln“ dennoch entstehen. Gerade, was ihr Fach, die Musik, betrifft, gibt es zahlreiche, meist ehrenamtliche Initiativen. Es gibt das Qattan-Kulturzentrum, wo Kinder nach der Schule „aufgefangen“ werden, statt sich in zerstörten Stadtvierteln „irgendwie“ zu beschäftigen.
Zwar sind drei Universitäten in Gaza-Stadt beheimatet, kulturelle Angebote allerdings sind dort dennoch sehr rar. Das gerade erst fertiggestellte Konzerthaus ist zudem während der jüngsten Bombardements empfindlich beschädigt worden. So bleibt lediglich das Französische Institut mit gelegentlichen kulturellen Angeboten für Erwachsene.
Musik in gewalttätigen Gebieten
„Man kann es sich nicht wirklich vorstellen, wie die Menschen sich hier fühlen“, sagt Cécile Hertel. Die Langenberger Lehrerin verweist auf Lucas Peron, einen der Gründer des „Music Fund“, der über dieses Thema eine wissenschaftliche Arbeit geschrieben hat: „Der Einfluss von Musik auf Menschen in gewalttätigen Gebieten.“
Ein Motto der Musik-Stiftung lautet: „Give music a chance“. Den Friedens-Aufruf von John Lennon und Yoko Ono werden die meisten wohl darin wieder erkennen.