Neviges. . Der Historische Weihnachtsmarkt am Nevigeser Schloss Hardenberg lockte die Besucher mit allerlei Altertümlichem. Auch ein singendes Tier war dabei. Den Besuchern gefiel die besondere Atmosphäre – und viele zogen anschließend zum Adventsmarkt des Pfarrcäcilienchores am Mariendom weiter.
Die Laute klingt, es duftet nach Räucherkerzen. Weiche Lammfelle werden begutachtet. Ein singendes Tier zieht über den historischen Platz der Vorburg. „Aus der Eule kann schnell eine Nachtigall werden“, orakelt es, sucht dann einen gut besuchten Ort. Findet ihn an der Taverne. „Eulen können nicht nur gut singen, sondern auch Geschichten erzählen“, sagt es.
Andrea Hofer von der Marktgilde zu Hardenberg ist begeistert. „Letztes Jahr hatten wir den mittelalterlichen Weihnachtsmarkt spontan innerhalb weniger Monate aus dem Boden gestampft.“ Warum? Weil eine Besucherin auf dem Mittelaltermarkt sagte, „es ist schade, dass es das nur einmal im Jahr gibt.“ Nach der Spontanpremiere hatte die Marktgilde dieses Jahr mehr Zeit für die Vorbereitungen. „Wir sind ja selbst Händler und kennen natürlich die Teilnehmer von anderen Märkten.“ Auf Bewerbungen geht Hofer da selten ein – außer beim singenden Tier. „Die hat uns aus Hamburg erreicht, und wir kannten den Schausteller bis zur Eröffnung des Marktes nicht.“ Ein hohes Risiko – aber es hat sich gelohnt. Die Besucher lauschen begeistert dem Vogel.
Derweil zieht auch das Gauklerduo Lacuna Ad Ignem sämtliche Aufmerksamkeit von Gewandeten und schaulustigen Besuchern auf sich. Das junge Pärchen zeigt die Körperreinigung mittels brennender Fackel – an Armen, Bauch, im Mund, und letzten Endes landet die brennende Fackel auch im Lendenbereich.
Falkner, Putzmacher und Drechsler
An den Ständen bieten die Händler nicht nur ihre Waren feil. Bei der Leibkneterei kann man sich der Massage von damals hingeben, ein Falkner stellt seine Vögel und Frettchen vor, der Putzmacher stellt das Handwerk des Hütefertigens vor, und auch eine Schnepferei – so wurden Drechslereien im Mittelalter genannt – stellt sich vor.
Am Bernsteinschmuckstand von Jörg Grünfeld faszinieren nicht nur die filigran gearbeiteten Schmuckstücke. Der Goldschmiedemeister aus der Pfalz, geboren an der Küste, hat zu der Herkunft der Steine einiges zu erzählen. Seit über 30 Jahren arbeitet er mit dem Material. „Der Hansehandel begann damals mit dem Bernstein.“ Das höchste Handelsgut durfte allein von der Hanse vertrieben werden. „Privatleute durften den Stein zwar sammeln, mussten ihn aber stets an die Handelsgesellschaft abgeben.“ Bernstein war damals wertvoller als Gold, ein Scheffel Bernstein wurde mit vier Scheffeln Gold aufgewogen. Der Sonnenstein wurde in der ganzen Welt gehandelt und war ob seines raren Vorkommens äußerst begehrt. „Man fand ihn sogar in der Pyramide von Tutanchamun.“ Auch in Griechenland hatte Bernstein bereits hunderte Jahre vor Christus unter dem Namen Elektron einen ganz besonderen Stellenwert. „Wenn der Stein gerieben wurde, lud er sich statisch auf.“
Deftige Hausmannskost und viel Selbstgemachtes
Nur wenige Fußminuten vom Schloss entfernt, öffnete der Pfarrcäcilienchor Neviges seine Buden vor dem Mariendom. Zum 35. Mal luden die Chorfrauen Besucher zum Genießen, Schauen und natürlich auch Kaufen ein. Es ist ein absolutes Kontrastprogramm zum historischen Weihnachtsmarkt.
Familiäre Atmosphäre
Englische Weihnachtshits erklingen aus den Lautsprechern, festliche Beleuchtung an den Ständen. Am Stand von Barbara Schmitz und ihrer Tochter Stefanie sind die selbst gestrickten Kuscheltiere der Hit. Elf hatte Barbara Schmitz gefertigt und schon kurz nach der Eröffnung sind nur noch drei übrig. Auch wenn sie einige Zeit mit der Stricknadel verbracht hat, um am heutigen Tag ihren Stand gut gefüllt öffnen zu können, leid wird sie die Handarbeit nicht.
„Der Erlös des Weihnachtsmarktes geht in unsere Chorarbeit aber kommt auch unserem Patenkind in Brasilien zugute“, sagt Martina Köster. „Zudem geht ein Teil der Einnahmen auch an ein Orchester in Brasilien.“ Die Chorfrauen laden stets am ersten Adventswochenende zu ihrem Markt ein. „Für mich ist unser Weihnachtsmarkt deswegen so besonders, weil er sehr familiär ist“, so Köster. „Zudem ist bei uns wirklich alles selbst gemacht, ob die Adventskränze, das Essen oder die Strickwaren.“ Martina Köster schaut sich begeistert auf dem kleinen Platz um. „Unseren Chor gibt es seit 134 Jahren und wir haben dementsprechend viele langjährige Mitglieder und somit auch etliche Stammbesucher.“ Die Mitorganisatorin freut sich, dass der Besucherstrom durch den historischen Mittelaltermarkt sogar noch zugenommen hat. „Wir hatten anfangs Angst, dass dadurch weniger Besucher kommen.“ Aber im Gegenteil, „viele verbinden das miteinander und genießen dann bei uns die deftige Hausmannskost.“ Etwa die selbst gemachten Reibekuchen, für die allein dreieinhalb Stunden Vorbereitung aufgebracht werden mussten.